+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Frankreich beteiligt sich an Luftbrücke
Gemeinsam mit Jordanien will Deutschland humanitäre Hilfsgüter nach Gaza liefern. Auch Frankreich will sich an den Hilfslieferungen beteiligen.
Frankreich beteiligt sich an Luftbrücke
Frankreich will sich in den kommenden Tagen an einer Luftbrücke für den Gazastreifen beteiligen. Die Hilfslieferungen aus der Luft sollten den „dringendsten Bedürfnissen der zivilen Bevölkerung“ entsprechen, hieß es am Dienstag in diplomatischen Kreisen in Paris. Parallel dazu setze sich Frankreich für Hilfslieferungen per Lastwagen ein, „die mit Abstand effiziente Lösung“. (afp)
Hamas melden mehr als 60.000 tote Palästinenser
Die Zahl der während des Gaza-Kriegs getöteten Palästinenser ist nach Angaben des von der militant-islamistischen Hamas geführten Gesundheitsministeriums auf mehr als 60.000 gestiegen. Das Ministerium machte bei seinen am Dienstag genannten Zahlen keinen Unterschied zwischen getöteten Zivilisten und Kämpfern. Es hat jedoch erklärt, etwa die Hälfte der Toten seien Frauen und Kinder.
Das Ministerium arbeitet mit medizinischem Fachpersonal. Die Vereinten Nationen und andere unabhängige Experten betrachten seine Zahlen als die zuverlässigste Zählung der Opfer auf palästinensischer Seite. (ap)
UN arbeitet an Zwei-Staaten-Lösung – ohne USA und Israel
UN-Generalsekretär António Guterres hat die internationale Gemeinschaft zu Entschlossenheit auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung aufgerufen. „Wir müssen sicherstellen, dass es nicht zu einer weiteren Übung in wohlmeinender Rhetorik wird“, sagte Guterres am Montag in seiner Eröffnungsansprache auf einer Konferenz der Vereinten Nationen. Das von Frankreich und Saudi-Arabien ausgerichtete Treffen müsse ein entscheidender Wendepunkt sein.
Die USA und Israel boykottierten die Konferenz jedoch. Ziel der Veranstaltung ist es, einen Fahrplan für einen palästinensischen Staat zu entwerfen, der gleichzeitig die Sicherheit Israels gewährleistet.
Frankreich will bei dem Treffen für die Anerkennung eines Palästinenserstaates werben. Außenminister Jean-Noel Barrot sagte, man müsse Wege finden, um vom Ende des Gaza-Krieges zum Ende des israelisch-palästinensischen Konflikts zu gelangen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte vergangene Woche angekündigt, im September einen palästinensischen Staat anerkennen zu wollen. Deutschland bleibt dagegen bei seinem Nahost-Kurs und hält im Gegensatz zu Frankreich die Anerkennung eines palästinensischen Staates zum jetzigen Zeitpunkt für falsch.
Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Mustafa forderte derweil alle Staaten auf, „den Staat Palästina ohne Verzögerung anzuerkennen“. Mustafa gehört der Palästinenser-Regierung an, die im von Israel besetzten Westjordanland eine begrenzte Selbstverwaltung ausübt.
Die USA und Israel begründeten ihre Nicht-Teilnahme mit scharfer Kritik. Ein Sprecher des US-Außenministeriums bezeichnete die Konferenz als „ein Geschenk an die Hamas“. Der israelische UN-Botschafter Danny Danon sagte, das Treffen sei „von der Realität losgelöst“. Die Vereinten Nationen befürworten seit langem eine Zwei-Staaten-Lösung, bei der Israel und ein palästinensischer Staat Seite an Seite in sicheren und anerkannten Grenzen existieren. Die Palästinenser fordern einen Staat im Westjordanland, im Gazastreifen und in Ostjerusalem. Israel hatte diese Gebiete 1967 im Sechstagekrieg besetzt. Im Mai hatte die UN-Vollversammlung mit überwältigender Mehrheit einen Antrag der Palästinenser auf eine Vollmitgliedschaft befürwortet und damit die internationale Unterstützung für eine Staatsgründung unterstrichen. (rtr)
Israel: Vorwürfe von Menschenrechtsgruppen „unbegründet“
Die israelische Regierung und das israelische Militär weisen Vorwürfe zweier israelischer Menschenrechtsorganisationen als völlig „unbegründet“ zurück. Die Organisationen B'tselem und Ärzte für die Menschenrechte Israel hatten der israelischen Regierung auf einer Pressekonferenz am Montag vorgeworfen, die palästinensische Gesellschaft im Gazastreifen „koordiniert und absichtlich“ zerstören zu wollen. Das israelische Militär erklärt dazu, es halte sich an das Völkerrecht und ergreife beispiellose Maßnahmen, um Schäden für Zivilisten zu verhindern, während die radikal-islamische Hamas diese als „menschliche Schutzschilde“ benutze. (rtr)
Deutschland beschließt Luftbrücke
Deutschland startet zusammen mit Jordanien eine Luftbrücke zur Versorgung des Gazastreifens mit humanitären Hilfsgütern und erhöht gleichzeitig den Druck auf Israel, die katastrophale Lage dort schnell zu verbessern. Nach einer langen Sitzung des Sicherheitskabinetts im Berliner Kanzleramt drohte Bundeskanzler Friedrich Merz Israel erstmals mit konkreten Maßnahmen, falls es nicht dazu kommt. Man habe zwar zunächst keine Beschlüsse dazu gefasst, sagte er. „Wir behalten uns aber solche Schritte vor.“
„Umgehend“ gestartet wird dagegen die Luftbrücke. Mit wie vielen Flugzeugen sich die Bundeswehr daran beteiligen wird, blieb zunächst offen. Am Dienstag ist der jordanische König Abdullah II. in Berlin. Dann dürften weitere Details genannt werden. Israel hatte am Sonntag erstmals seit Monaten die Einfuhr von Hilfslieferungen in größerem Stil zugelassen. Nach israelischen Angaben wurden am Montag den zweiten Tag in Folge Lebensmittel aus der Luft über dem Gazastreifen abgeworfen. Bereits im vergangenen Jahr hatten Jordanien, Deutschland und andere Länder einige Wochen lang eine Luftbrücke in den Gazastreifen aufgebaut.
Internationale Helfer halten den Abwurf aus der Luft wegen der relativ geringen Mengen und der prekären Lage in dem Gebiet für ineffektiv und auch teuer, etwa im Vergleich zu Lastwagentransporten. Außerdem könnten Menschen am Boden durch die Paletten verletzt werden. „Humanitäre Hilfsgüter aus der Luft abzuwerfen, ist eine sinnlose Initiative, die nach Zynismus riecht“, sagte Jean Guy Vataux, der Notfallkoordinator der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen im Gazastreifen. „Es gibt Straßen, die Lastwagen sind da, die Lebensmittel und Medikamente sind da – alles ist bereit, um humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bringen.“ Luftabwürfe umfassten weit weniger als 20 Tonnen Hilfsgüter, die man ohne Komplikationen mit einem einzigen Lkw transportieren könnte, sagte Vataux.
Merz sagte, Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) werde den Aufbau der Luftbrücke vorbereiten und sich dabei eng mit Frankreich und Großbritannien abstimmen, die ebenfalls zu einer Beteiligung bereit seien. „Wir wissen, dass das für die Menschen in Gaza nur eine ganz kleine Hilfe sein kann. Aber immerhin ist es ein Beitrag, den wir gerne leisten wollen“, sagte der Kanzler. (dpa)
Drei Viertel der Deutschen für mehr Druck auf Israel
Rund drei Viertel der Deutschen finden, dass die Bundesrepublik angesichts der verheerenden humanitären Lage im Gazastreifen mehr Druck auf Israel ausüben sollte. 74 Prozent der Teilnehmer einer vom Magazin Stern in Auftrag gegebenen und am Dienstag veröffentlichten Forsa-Umfrage wünschen sich eine Verschärfung des Kurses gegenüber Israel zur Beendigung des Krieges. 22 Prozent der Deutschen sind demnach nicht dieser Ansicht, vier Prozent äußerten sich nicht.
Die Umfrage zeichnet ein eindeutiges Meinungsbild je nach politischem Lager: Demnach sprechen sich Wähler der Linken mit 94 Prozent und der Grünen mit 88 Prozent am häufigsten für mehr Druck auf Israel aus. Aber auch unter den Anhängern der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD sehen das jeweils 77 Prozent so.
Eine stärkere Ablehnung mehr diplomatischen Drucks zeigt sich bei den AfD-Wählern. Zwar sind auch unter ihnen 61 Prozent und damit die Mehrheit für einen schärferen Kurs gegenüber Israel. Immerhin 37 Prozent der AfD-Wähler lehnen mehr Druck jedoch ab. Für die Umfrage befragte das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa für den Stern und RTL Deutschland am 24. und 25. Juli 1.001 Menschen. (afp)
Iran droht mit härterer Reaktion bei erneuten Angriffen
Irans Außenminister Abbas Araghtschi hat mit einer härteren Reaktion im Falle von erneuten Angriffen der USA und Israels auf sein Land gedroht. „Sollte die Aggression wiederholt werden, werden wir nicht zögern, entschlossener und auf eine Weise zu reagieren, die sich unmöglich vertuschen lässt“, erklärte er am Montag auf X. Araghtschi schien sich auf Äußerungen von US-Präsident Donald Trump vom Montag zu beziehen, der zuvor gedroht hatte, das Atomprogramm des Iran „auszulöschen“, sollte Teheran seine Nuklearaktivitäten nach den US-Angriffen im vergangenen Monat wieder aufnehmen.
„Wenn es Bedenken hinsichtlich einer möglichen Umleitung unseres Atomprogramms zu nicht friedlichen Zwecken gibt, hat sich die ‚militärische Option‘ als ungeeignet erwiesen – aber eine Verhandlungslösung könnte funktionieren“, erklärte der iranische Außenminister nun. Israel hatte am 13. Juni einen Großangriff auf den Iran gestartet und tagelang insbesondere Atom- und Militäranlagen in dem Land bombardiert. Der Iran griff Israel daraufhin mit Raketen und Drohnen an. Die USA schalteten sich schließlich an der Seite Israels in den Krieg ein und bombardierten die iranischen Atomanlagen Fordo, Natans und Isfahan. Nach zwölf Tagen Krieg trat am 24. Juni eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran in Kraft.
Erklärtes Ziel des israelischen Vorgehens war es, den Iran vom Bau einer Atombombe abzuhalten. Der Iran bestreitet, den Bau einer Atombombe zu beabsichtigen. Es ist unklar, wie stark die iranischen Atomanlagen durch die US-Angriffe beschädigt wurden. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ist der Iran das einzige Land ohne Atomwaffen, das derzeit Uran auf 60 Prozent anreichert – nicht weit entfernt von der für Atomwaffen erforderlichen Anreicherung von 90 Prozent. (afp)
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