: Armutszeugnis für Vermieter
ÖKO-MIETENSPIEGEL Grundeigentümer boykottieren Erfassung von Energiedaten. Mietervereine sind empört, Umweltbehörde hofft auf ausreichende Daten
Der Hamburger Mietenspiegel wird seit 1979 alle zwei Jahre veröffentlicht. Er gibt eine Übersicht über die zum Stichtag am 1. April gezahlten „ortsüblichen Vergleichsmieten“ auf dem freifinanzierten Wohnungsmarkt.
■ Die Kategorien für Wohnungen sind unter anderem Baualter, baulicher Zustand, Größe und Ausstattung. Nun soll auch der Energiestandard erfasst werden.
■ Von den Gerichten gilt der Mietenspiegel bei Streitigkeiten als Entscheidungsgrundlage.
■ Der noch gültige Mietenspiegel 2007 ist zu finden unter www.Mietenspiegel.Hamburg.de.
Heinrich Stüven hält die Erhebung für „absurd“. Einen ökologischen Mietenspiegel für Hamburg zu erstellen, sei „politisch gewollt, aber nicht durchdacht“, sagt der Vorsitzende des Grundeigentümerverbandes in der Hansestadt. Deshalb habe er seine Mitglieder aufgefordert, keine Daten aus den Energieausweisen zu liefern. „Die sind nicht verlässlich“, glaubt Stüven. Außerdem würde kaum jemand vor Anmietung einer Wohnung die Energiedaten abfragen: „Die Kriterien für Mieter sind Lage, Größe und Preis.“
Wenn sich am 7. September der Arbeitskreis Mietenspiegel zu seiner Herbstsitzung trifft, dürfte es deshalb reichlich Diskussionsbedarf geben. Die Haltung der Grundeigentümer sei „ein Armutszeugnis“, konstatiert Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern. „Die fürchten sich vor Abschlägen bei der Miete“, vermutet Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg.
Beide Vereine sowie mehrere Verbände der Grund- und Wohnungseigentümer, Makler und andere Organisationen beraten in diesem Gremium die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) alle zwei Jahre bei der Aufstellung des Mietenspiegels. Der soll dieses Jahr als Kriterium für Mietpreise erstmals auch die Energiestandards von Wohnungen ausweisen (siehe Kasten).
Die grüne Senatorin Anja Hajduk hatte im März angekündigt, den Mietenspiegel „klimagerecht“ machen zu wollen. Nicht mehr nur Parkett und Einbauküchen sollten höhere Mieten rechtfertigen, sondern auch der Energieverbrauch. „Mittelfristig werden damit Anreize geschaffen, in Wärmedämmung und energiesparende Haustechnik zu investieren“, sagte Hajduk. „Davon profitieren Vermieter, Mieter und Klima gleichermaßen.“
Die Behörde hofft nun, dass trotz des Boykotts der Grundeigentümer „die Datenbasis ausreichend ist“, sagt Sprecherin Helma Krstanoski. So hat zum Beispiel der städtische Wohnungskonzern Saga/GWG klaglos „schon im Juli alle Daten geliefert“, wie Sprecher Mario Spitzmüller beteuert. Die Zahlenbasis für den Mietenspiegel wird im Auftrag der BSU vom Institut Analyse & Konzepte erstellt.
Wenn es nach Juristin Sonnemann ginge, würden die Grundeigentümer zur Herausgabe der Daten für die Erhebung des Mietenspiegels verpflichtet werden. Auf der Grundlage der Energiesparverordnung des Bundes könne die BSU eine Rechtsanordnung erlassen. „Klimaschutz muss ein Kriterium für Miete sein“, sagt Sonnemann.SVEN-MICHAEL VEIT