Sparkurs der Entwicklungspolitik: „Die Bedarfe steigen, das Geld wird weniger“
Welthungerhilfe und Terre des Hommes fordern mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit. Kürzungen könnten böse Folgen haben.
Während die Zahl der Kriege und bewaffneter Konflikte zunimmt, geht die Zahlungsbereitschaft vor allem der wohlhabenden Länder zurück. „Die Bedarfe steigen, das Geld wird weniger“, so Mathias Mogge. Der Vorsitzende der Welthungerhilfe beklagte, dass das Thema auch beim G7-Gipfel in Kanada im Schatten von sicherheitspolitischen Fragen „gar keine Rolle“ spiele.
Dabei hat die faktische Auflösung der Entwicklungsagentur USAID durch die Trump-Administration große Lücken gerissen. Mehr als die Hälfte der humanitären Hilfe etwa kam zuletzt aus den USA. In den letzten zwei Jahren sei global ein Drittel der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe weggefallen, sagte Joshua Hofert, Vorstand des Kinderrechtswerks Terre des Hommes.
Es treffe besonders junge Menschen: Die Zahl der Kinder in Konfliktgebieten habe sich in den letzten drei Jahrzehnten verdoppelt – inzwischen sei jedes fünfte Kind bedroht, in einer Krisenregion getötet zu werden, sexuelle Gewalt zu erfahren oder Angriffe auf seine Schule zu erleben. Allein im Sudan könnten 17 Millionen Kinder und Jugendliche nicht zum Unterricht gehen.
Deutschland verfehlt 0,7-Prozent-Ziel
Auch Deutschland spart in der Entwicklungspolitik. Die Bundesrepublik gab 2024 erstmals seit Jahren weniger als die 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungsfinanzierung aus, die international als Ziel vereinbart sind. Statt 36 Milliarden Euro wie 2023 waren es im vergangenen Jahr weniger als 30 Milliarden.
2025 könnten noch weniger Mittel zur Verfügung stehen – trotz guter Gespräche, die seitens der Organisationen mit der neuen Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) geführt wurden. Es sei „gut und richtig“, dass Schwarz-Rot Außenpolitik, Verteidigungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit im Sinne einer „integrierten Sicherheitspolitik“ zusammen denken wolle, sagte Hofert. Grundsätzlich sei es aber „absolut fatal“, dass im Koalitionsvertrag ein Bekenntnis zur Quote fehle.
Die Hilfsorganisationen sind nun aufgrund der angespannten Lage auch gefordert, andere Finanzierungsquellen zu erschließen. „Wir müssen überlegen: Wo kommen die Ressourcen her, wenn sie in einem geringeren Maße aus Deutschland, wenn sie fast gar nicht mehr aus den USA oder von anderen Gebern kommen“, sagte Mogge, dessen Organisation sich mehrheitlich aus öffentlichen Zuwendungen finanziert.
Zwar setze man auf die ungebrochene Spendenbereitschaft der Gesellschaft, auf private Stiftungen oder andere Regierungen, die bisher auf Einsparungen verzichten. Aber falls das nicht mehr reicht? Mogge: „Notfalls bedeutet es, dass wir am Ende schrumpfen müssen.“
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