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Werbung der Bundeswehr zur EMDer Krieg als Spiel

Die Bundeswehr wirbt während der EM in Werbespots um junge Frauen. Die kriegerische Stimmung im Land hat das Turnier erreicht.

Wehrhafter Sport: Nationalspielerin Cora Zicai und Soldatin Laura W. im Gespräch Foto: Screenshot bundeswehrkarriere.de

Krieg ist also auch nichts anderes als Fußball. Ein Spiel, bei dem alle mitmachen dürfen, die wollen. Kann schon sein, dass es gefährlich wird im Krieg, aber das wird es auf dem Rasen ja auch mal, wenn eine Spielerin zur Grätsche ansetzt. „Unsere Technik ist einwandfrei, unser Zusammenhalt echt besonders und auch unsere Verteidigung wird immer besser“, sagt Nationalspielerin Cora Zicai in einem Werbespot, der bis zum Ende der Fußball-EM junge Frauen für den Dienst bei der Bundeswehr begeistern soll.

„Aber irgendetwas fehlt“, fragt sich Zicai in dem Spot. Die Antwort gibt eine Soldatin, die an der Kabinentür lehnt: „Cora, ist doch klar, unser Kader ist zu klein.“ Die Probleme der Bundeswehr, genug Soldaten für die angestrebte Kriegstüchtigkeit zu finden, sind bekannt. „Komm in die Mannschaft!“, ist dann in dem Spot zu lesen. Elf Uniformierte posieren in einem gut gefüllten Stadion auf dem Rasen. Harte Kost, die da serviert wird. Dem Clip wird kaum entgehen können, wer die Übertragung eines EM-Spiels von der EM im Fernsehen anschaut.

Beinahe hat man sich schon gewöhnt an die Berichte in TV-Magazinen, in denen kleine Kinder zu sehen sind, wie sie am Tag der offenen Tür in der Kaserne mit lachenden Gesichtern auf Panzer klettern, an die Straßenbahnen im Flecktarnanstrich, die durch deutsche Städte fahren, sie gehören eh längst zum Alltag genauso wie die vielen uniformierten Zugreisenden, die auch nichts daran ändern können, wenn die Bahn mal wieder nicht pünktlich ist. Nun hat die Militarisierung des Alltags auch den Fußball der Frauen erreicht.

Abenteuerspielplatz Bundeswehr

Werbespots der Bundeswehr wurden schon des Öfteren kritisiert, weil sie das kriegerische Tun, für das Soldaten ja ausgebildet werden, so darstellen, als sei ein Krieg nichts anderes als ein großer Abenteuerspielplatz. Der Spot mit Nationalspielerin und Sportsoldatin Zicai, deren Karriere beim SC Freiburg von der Bundeswehr gefördert wurde, reiht sich da nahtlos ein. Krieg als Fortsetzung des Fußballs mit anderen Mittel?

Es ist eine schwer verdauliche Werbeeinblendung, die die Fußballfans bis zum Turnierende noch massenhaft über sich ergehen lassen müssen. Man mag ja die Aufrüstung in Zeiten wachsender Bedrohung aus Russland für richtig halten, aber deswegen muss man die Bundeswehr nicht als harmlose Sportspielgruppe darstellen.

Auch auf Social Media wird man der Militärwerbung in den nächsten Wochen kaum entgehen können. Von da aus geht es dann zu einer Landing Page der Bundeswehr, in der Frauen über ihre positiven Erfahrungen in Uniform sprechen. Ganz harmlos kommt die Bundeswehr da her. Keine einzige Waffe ist da zu sehen. Wer mag, kann gleich in den Live-Chat gehen, um seine Laufbahn in der Mannschaft zu planen.

Mannschaft – auch so ein scheinbar harmloses Wortspiel mit Fußballbezug. In der Diktion der Bundeswehr werden mit Mannschaften die niedrigsten Dienstgrade bezeichnet. Viel ist es nicht, was die Bundeswehr da zu bieten hat. Halb so schlimm: Es ist doch alles nur ein Spiel.

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8 Kommentare

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  • „Kriegerische Stimmung im Land“



    „ Militarisierung des Alltags“



    „ Krieg als Fortsetzung des Fußballs mit anderen Mittel?“



    „ Man mag ja die Aufrüstung in Zeiten wachsender Bedrohung aus Russland für richtig halten“

    Was stimmt mit ihnen nicht, Hr. Rüttenauer?



    Diese Aussagen sind nicht nur dumm und platt, sondern Populismus pur. Es suggeriert ein kriegerisches Bestreben Deutschlands, während es um die Herstellung der Verteidigungsfähigkeit der BRD geht.

    Wobei die Formulierung „Man mag ja“ eigentlich recht deutlich klar macht, aus welcher Richtung all das kommt.

  • Ich finde den Beitrag sehr angenehm, weil er das Militär als notwendiges Übel anerkannt, aber gleichzeitig die grassierende Kriegslust anprangert

  • Was wundern sie sich? Nationalmannschaftssport, und insbesondere Fußball, ist doch schon immer die Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln gewesen.

    Und auch der sonstige Sport, den die Bundeswehr auch schon immer gefördert hat, ist eine Idealisierung des Leistungsprinzips. Es gibt nicht umsonst das hier:



    de.wikipedia.org/w...ppe_der_Bundeswehr

  • "Die kriegerische Stimmung im Land" Wo soll die sein?

  • Kriegerische Stimmung im Land? Sehe ich nicht.

  • Ja wie?



    “Werbung der Bundeswehr zur EM



    Der Krieg als Spiel



    Die Bundeswehr wirbt während der EM in Werbespots um junge Frauen. Die kriegerische Stimmung im Land hat das Turnier erreicht.“

    Ja. Ja früher - da war das einfacher! Woll



    Doch. Doch. Wie das Klaus Harpprecht in “Schräges Licht“ zu berichten wußte! Gell



    Da konnte mann noch die Werber - wenn sie zB in den Pausen auf den Schulhöfen auftauchten gegeneinander ausspielen - frech behaupten - mann habe bei den anderen unterschrieben!



    Da hat‘s frauman heute nicht mehr so einfach. Newahr



    “Wie? die anderen?“ “Na die von der Waffen-SS!



    Ach so. Stimmt ja - nach Günni Waffen-GraSS ist‘s damit ja vorbei!



    Obwohl Obwohl Jens di 😷 van Spahn -



    Milliarden🔥 & CDU/CSUFrackVors. die Atombewaffnung der Bundeswehr fordert!



    (…dehält sojet vermutlich wie weiland Ol Conny



    Für ne gehobene Artillerie 🙀🥳🫡)



    Und der taz ist das bis heute keine eine eine Zeile wert & 🤐🤐 ! Keine eine eine Frage! Gell



    Da is ja nun in echt - alles möglich! Newahr



    Normal Schonn

  • Das ist ja wie bei den Ü-Eiern: Spiel, Spaß und Spannung! Wobei. Nicht ganz. Denn außerdem gibt es ja einen Sack voll Kohle für die (Glücks-)Spieler. Zahlen hingegen braucht angeblich erst einmal niemand. Alles geschenkt.

    „Wer glaubt denn schon der Werbung?“, hat mich meine Teenager-Tochter vor etlichen Jahren mal böse gefragt. Verdammt viele von uns, würde ich sagen, die Tochter eingeschlossen. (Denn welche Mutter wünscht dem eignen Nachwuchs schon, ständig im Abseits rumstehen zu müssen, wenn sie selber Erfahrungen hat mit so einer Position? Außer im Profi-Fußball vielleicht.)

    Werbung funktioniert wie eine Gehirnwäsche. (Wundert das wen? Die Werbeleute haben doch bei den Militärprofis gelernt.) Je öfter sie überall läuft, die Werbung, desto tiefer frisst sie sich ins Oberstübchen ein. Und versuche bitte von nun an niemand mehr, mir die verblichene DDR mit Hinweis auf ihre NVA-Werbung madig zu machen! Mein großer Bruder wär schließlich auch Soldat gewesen, hätte ich einen gehabt!

    Bleibt nur zu hoffen, dass uns das bunt eingewickelte braune Zeug nicht irgendwann wieder im Halse stecken bleibt. Beim Zuschauen, jedenfalls, kann einem schon jetzt schlecht werden, wenn man Hirn hat.

  • Also, entweder die Russen sind eine massive Bedrohung, dann müssen wir uns so gut es geht und mit allen Mitteln vorbereiten und die UA mit ebensolchen unterstützen, oder sie sind es nicht. Dann können wir weitermachen wie bisher und uns das Geld für die UA sparen.



    Wenn wir aufrüsten, dann brauchen wir auch die SoldatInnen um die schönen neuen Waffen zu bedienen. Wenn in dem Artikel diese Werbung für die Bw kritisiert wird, dann sollte der Autor oder die Autorin doch bitte auch sagen wie es besser gemacht werden kann.