piwik no script img

Prognose für IndustrieländerDeutschland ist Drittletzter beim Wirtschaftswachstum

Die Bundesrepublik teilt sich beim Wirtschaftswachstum der Industrieländer den drittletzten Platz mit Mexiko, so die Prognose der OECD – vor Österreich und Norwegen.

Stahlwerk Riesa: glühender Knüppel fährt in das neue Walzwerk Foto: Jan Woitas/dpa

Berlin rtr/taz | Deutschland wird dieses Jahr der OECD zufolge eine der am langsamsten wachsenden Industrienationen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte um 0,4 Prozent zulegen, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag ihre März-Prognose bekräftigte – obwohl die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal schon mit einem unerwartet kräftigen Wachstum von 0,4 Prozent ins laufende Jahr gestartet war.

Damit belegt Europas größte Volkswirtschaft in der Wachstumsprognose der OECD für 2025 zusammen mit Mexiko den drittletzten Platz. Dahinter liegen noch Österreich und Norwegen. 2026 soll es dann zu einem Plus von 1,2 Prozent reichen, nachdem bislang mit 1,1 Prozent gerechnet wurde.

„Die relativ schnelle Bildung einer funktionsfähigen Regierung sowie die Reform der Schuldenbremse haben die politische Unsicherheit verringert und das Investoren- und Konsumentenvertrauen verbessert“, sagten die OECD-Deutschland-Expert*innen Isabell Koske und Robert Grundke der Nachrichtenagentur Reuters. Im ersten Quartal seien sowohl der private Konsum als auch die privaten Investitionen stärker gestiegen als angenommen.

„Wir erwarten außerdem, dass dieses Jahr die öffentlichen Investitionen in die Verteidigung sowie ab nächstem Jahr auch die Investitionen in die Infrastruktur stark ansteigen werden, was zu einer Belebung der Konjunktur beitragen wird“, betonten Koske und Grundke.

Trumps Zölle verunsichern die Wirtschaft

„Allerdings werden diese positiven Signale getrübt von der hohen handelspolitischen Unsicherheit“, fügten sie mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump angekündigten hohen Zölle hinzu. Das bremse Investitionen in exportorientierte Firmen des verarbeitenden Gewerbes.

Die Weltwirtschaft dürfte der OECD zufolge sowohl 2025 als auch 2026 nur noch um 2,9 Prozent wachsen, nach 3,3 Prozent im vergangenen Jahr. Noch im März war die Organisation von 3,1 und 3,0 Prozent ausgegangen. Die von Trump seit seinem Amtsantritt im Januar angekündigten Zölle haben die Finanzmärkte in Aufruhr versetzt und die konjunkturelle Unsicherheit verstärkt.

Die OECD prognostiziert, dass die US-Wirtschaft in diesem Jahr nur um 1,6 Prozent und 2026 um 1,5 Prozent wachsen wird. Für ihre Berechnungen geht sie davon aus, dass die Mitte Mai eingeführten Zölle bestehen bleiben.

Wirtschaftswachstum ist wegen des mitwachsenden Energiebedarfs historisch eng mit der Klimakrise verknüpft. Durch Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien ist es laut einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung mittlerweile aber fast einem Drittel der Regionen weltweit gelungen, Wirtschaftswachstum und CO₂-Emissionen zu entkoppeln.

Deutschland gehört dazu; seit Jahrzehnten sinken die Emissionen, auch wenn das Bruttoinlandsprodukt oft stieg. Aber: Auch hierzulande macht sich die Wirtschaftslage durch die immer noch starke Nutzung fossiler Energien in der Klimabilanz deutlich bemerkbar. In den vergangenen Jahren wären die Emissionen beispielsweise schwächer gesunken – wenn es nicht durch Corona-Pandemie und Energiekrise eine Wirtschaftsflaute gegeben hätte. Beispielsweise produzierte die Industrie weniger als sonst und weniger Lkw waren unterwegs.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Dass Ditschl in Wirtschaftsprognosen hinten liegt, sind wir aus den letzten drei Jahren gewohnt. Ist also keine Nachricht für eine Schlagzeile.



    Neu ist aber: Die schnelle Regierungsbildung und die Reform der Schuldenbremse haben die politische Unsicherheit verringert, das Investoren- und Konsumentenvertrauen verbessert, so die OECD-Experten Fr. Koske und Hr. Grundke. Und: Im ersten Quartal seien sowohl der private Konsum als auch die privaten Investitionen "stärker gestiegen als angenommen". Außerdem sollen "öffentlichen Investitionen in die Verteidigung sowie ab nächstem Jahr auch die Investitionen in die Infrastruktur" die Konjunktur beleben.



    In den letzten Tagen las man auch dies (3.4.25): "Mehr Unternehmen in Deutschland planen laut der aktuellen ifo-Befragung wieder zu investieren, 29,7%,...das sind rund fünf Prozentpunkte mehr als im November. Rund 43% der Unternehmen planen, 2025 genauso viel zu investieren wie 2024."



    Oder am 30.5.25 im "Spiegel": Laut einer McKinsey-Studie hellt sich "die Stimmung der Wirtschaftsführer in der Bundesrepublik auf". Fast die Hälfte wolle ihre Präsenz am Standort ausbauen, sehen hier den "Schwerpunkt für Investitionen".



    Was ist da los?