Europäische Verteidigungspolitik: EU beschließt gemeinsame Milliarden für Rüstung
In Brüssel einigen sich die EU-Staaten auf ein schuldenfinanziertes Programm für die kollektive Beschaffung von Rüstungsgütern.

„Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen“, sagte von der Leyen nach dem EU-Beschluss. Sie hatte die Aufrüstung mit dem Ukraine-Krieg und der unberechenbaren US-Außenpolitik begründet. Die EU müsse bis 2030 kriegstauglich werden, sich zur Not auch ohne die USA verteidigen, heißt es in Brüssel.
Das neue, schuldenfinanzierte Programm mit dem Namen SAFE („Security Action for Europe“) ist für den Aufbau einer unabhängigen europäischen Rüstungsindustrie, aber auch für die Ukraine bestimmt. Einige EU-Staaten wollen neues Kriegsgerät direkt an die Ukraine weiterreichen. Sie können dafür günstige Kredite der EU in Anspruch nehmen.
Für Deutschland ist Safe wegen des vorhandenen Sondervermögens nicht interessant. Kanzler Friedrich Merz hat bereits massive Aufrüstung angekündigt und will die Verteidigungsausgaben auf bis zu fünf Prozent der Wirtschaftsleistung steigern – wie US-Präsident Trump fordert.
Komplizierte Konditionen
Die meisten EU-Staaten können sich dies nicht leisten, da sie schon hoch verschuldet sind und unter der Zinslast für alte Darlehen ächzen. Hier setzt Safe an. Allerdings wird es noch sechs Monate dauern, bevor die ersten Anträge für Safe-Kredite eingehen. Mit ersten Zusagen wird für das Jahresende gerechnet.
Ob das Programm die erhoffte militärische Schubkraft entwickeln kann, ist offen. Denn die Konditionen sind selbst für EU-Verhältnisse kompliziert. So gibt es etwa eine „Made in Europe“-Regel, damit nicht (wie bisher üblich) vor allem die USA von dem Rüstungsgeld profitieren. Das ist jedoch nicht die einzige Bedingung.
So sollen sich europäische Waffenschmieden zu gemeinsamen Projekten zusammenschließen, dabei aber auch Partner aus Drittländern berücksichtigen. Für die Arbeitsteilung zwischen den Unternehmen gelten dann wiederum eigene Regeln. Immerhin ist das neue Programm attraktiv genug, dass sich auch Großbritannien daran beteiligen will.
Die Teilnahme sei „eine Frage von Wochen“, sagte von der Leyen bei einem Gipfeltreffen mit dem britischen Premier Keir Starmer vor einer Woche in London. Ironie der Geschichte: Als das UK noch Mitglied der EU war, hatte es sich gegen eine europäische Verteidigung gestemmt. Nun hilft die Aufrüstung beim „Reset“ – der Wiederannäherung.
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