: Wenn die Strähne schon wieder macht, was sie will
Es läutet leise aus dem Foyer: zum ersten Mal oder sogar schon zum zweiten? Ich weiß es nicht. Jedenfalls wird das Stück jeden Moment losgehen und wir hier draußen auf dem weitläufigen Hof des Thalia Theaters in Altona hätten das beinahe verpasst. Es war diesmal aber auch wirklich sehr leise, dieses Läuten. Eilig werden die letzten Weißweine geext, halb gerauchte Kippen ausgetreten und sich auf die Socken gemacht. Jetzt aber los.
Ein junger Mann vor mir rennt sogar schon fast – nur um dann kurz vor den Kartenabreißerinnen wieder umzudrehen. Er stolpert an der Bar vorbei in Richtung der Toiletten. Eigentlich hat er recht, denke ich und schlage den gleichen Kurs ein. Aber der Typ steht gar nicht im Pissoir, sondern hat es nur bis ans Waschbecken geschafft. Da zieht er einen Kamm aus der Brusttasche, macht ihn nass und kämmt mit sichtbarer Routine eine leicht rebellische (aber dennoch nahezu unsichtbare) Strähne zurück hinters Ohr. Dann eilt er in die Aufführung.
Hamburg-Ottensen
35.500 Einwohner*innen,
ist der kreative Vorzeigestadtteil des Bezirks Altona. Im Thalia in der Gaußstraße geht es vor allem um neues, junges und auch experimentelles Theater.
Erst als nach dem Stück das Saallicht angeht, entdecke ich ihn wieder. Ganz nach hinten hat er sich gesetzt, ins Dunkle, weitab der anderen. Und er trägt eine Mütze. Jan-Paul Koopmann
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