Spielermarkt im American Football: Pick der Prospects
Die National Football League zelebriert ihren Draft als Mega-Event. In einem Berliner Hipster-Biergarten wird mitgefeiert.
E s ist wieder Football-Zeit – in den USA und überall da, wo der Sport intensiv verfolgt und vermarktet wird. Gespielt wird zwar noch lange nicht in der National Football League, aber der Draft steht an. Da holen sich die Teams die Rechte an den besten Spielern aus den College-Mannschaften. Drei Tage dauert die Veranstaltung und ist natürlich ein weltweit vermarktetes Event. Sieben Auswahlrunden gibt es. Das ganze ist als Instrument gedacht, die Chancengleichheit in der Liga zu gewährleisten.
Denn die Teams, die in der Vorsaison am schlechtesten abgeschnitten haben, dürfen als erstes einen Spieler verpflichten. Ganz einfach – eigentlich. In Wahrheit ist die Reihenfolge vor allem in den späteren Draft-Runden eine ganz andere als sie von den Ergebnisse der Vorsaison vorgeben wird. Denn die Klubs treiben Handel mit ihrem Anspruch, auf die Spieler zugreifen zu dürfen.
Das muss man nicht verstehen. Ist vielleicht auch nicht so schlimm. Am Ende wird man vielleicht sowieso nie mehr etwas hören von irgendeinem Cornerback, der in der siebten Runde an 277. Stelle statt von den New York Giants von den Buffalo Bills an Land gezogen wird, wie es in einem Trade verhandelt wurde, bei dem ein gewisser Carlos Besham jr. den Klub gewechselt hat. Am Ende kann das alles sowieso noch ganz anders kommen. Denn auch während des Drafts wird munter weitergetauscht zwischen den Klubs. Alles klar?
Muss ja auch nicht. Wichtiger sind sowieso die Stars der Draft-Veranstaltung, die in diesem Jahr in Green Bay, Wisconsin, im Stadion der Packers und darum herum zelebriert wird. Wie schön auch, dass es um die jungen Burschen, die als größte Hoffnungsträger des Sports gelten, bereits erste wilde Diskussionen gibt, bevor sie ihre ersten Profiverträge unterzeichnen.
Große Ehre
Da sind zum Beispiel die zwei Jungs vom College-Team der Colorado Buffaloes. Der eine heißt Travis Hunter und gilt als Phänomen, weil er auf zwei Positionen zu den Besten dieses Jahrgangs gehört. Er hat als Cornerback und Wide Receiver für Furore gesorgt. Ein echter Two-Way-Player, wie die Fachleute das wohl nennen, ist er. Der andere ist Quarterback Shedeur Sanders und, um in der Fachsprache zu bleiben, ein Top-Prospect auf seiner Position.
Und weil die beiden eben so vielversprechend sind, hat nun die Sportabteilung der University of Colorado in Boulder entschieden, dass die Trikotnummern der beiden in Zukunft nicht mehr vergeben werden sollen. Das passt nun nicht allen. Ein paar ehemalige Collegespieler der Uni haben sich beschwert und meinten, das sei doch alles viel zu schnell gegangen mit der Ehrung der beiden Buben.
Interessant? Vielleicht nicht wirklich, aber eben eine kleine Geschichte, die das Interesse am Draft, der von Donnerstag bis Samstag dauern wird, schön am Köcheln hält, bevor die Tennessee Titans den ersten Nachwuchsspieler unter Vertrag nehmen. Gut möglich, dass es einer der beiden von den Colorado Buffaloes sein wird.
Wenn die letzten Draft-Runden am Samstag anstehen, wird man die ersten Geschichten darüber längst geschrieben haben. Und die Fans, die sich in einem Berliner Craft-Beer-Garten einfinden, um dort mitzuerleben, wie die New York Giants in Draft-Runde vier den 105. Spieler ziehen, werden dann gewiss bestens über die größten Nachwuchshoffnungen Bescheid wissen. Für die organisiert der deutsche Giants-Fanklub „Big Blue Germany“ eine Draft-Party, zu der die Wide Receiver Brandon London und Victor Cruz erwartet werden.
Wenn die Giants dann am Samstag an der Reihe sind, wird der zu ziehende Spieler in einem „Live-Draftpick“ in Berlin benannt. Es könnte also sein, dass der 105. Pick von Deutschland aus verkündet wird. Ein Meilenstein gewiss für die Entwicklung des Footballsports in Deutschland – und wieder mal ein Lehrstück in der Vermarktung der Sportart durch die NFL.
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