: „S-Bahn-Peter“ in Kalifornien gestorben
LINKE SZENE Peter Urbach, in den späten 60ern wichtiger Spitzel des Verfassungsschutzes, ist tot
Und plötzlich ist da wieder dieser Peter Urbach. Jene ominöse Figur aus den späten 1960er Jahren, der Zeit der sogenannten Studentenrevolte, der Zeit der legendären Kommune 1 und des Beginns der militanten linken Kleingruppen in der Bundesrepublik, die dann in der Roten Armee Fraktion (RAF) gipfelten. An allem hatte Peter Urbach, genannt „S-Bahn-Peter“, seinen Anteil als Spitzel und Agent Provocateur des Verfassungsschutzes. Am Wochenende wurde bekannt, dass das Feindbild vieler Berliner Linker gestorben ist – mit 71 Jahren und bereits am 3. Mai 2011 im US-amerikanischen Kalifornien.
Urbach war eine schillernde Figur, die im Auftrag staatlicher Behörden die politische Entwicklung in Deutschlands Westen maßgeblich beeinflusst hat und bis heute Anlass zu Spekulationen gibt. Als sich in den 1960er Jahren zahlreiche Studierende und Arbeiter gegen die verkrusteten Strukturen der Bundesrepublik wehrten, war in Polizei, Geheimdiensten und Politik niemand darauf vorbereitet. Eine solche Situation ist immer eine hohe Zeit für Geheimdienste, in diesem Fall des Verfassungsschutzes. Und dessen Lieblingsinstrument gegen suspekte, gar renitente politische Gruppen war und ist der eingeschleuste Spitzel, der Informationen aus deren Innenleben liefert und so Handlungsmöglichkeiten aufzeigt.
In diesem Sinne war Peter Urbach für den Verfassungsschutz ein Glücksfall; er berichtete nicht nur, er handelte auch auf Geheiß. Er zeigte den Demonstranten, wie man Autos so umkippt, dass das Benzin aus dem Tank läuft und dann nur ein Streichholz nötig ist; er lieferte die ersten Molotowcocktails und die erste Schusswaffe; auch die ersten Sprengsätze gehen auf sein Konto. In welchem Umfang, ist bis heute umstritten.
Und er gab den Behörden im Jahr 1970 den entscheidenden Hinweis, die zur ersten Verhaftung des RAF-Gründers Andreas Baader führte, ein Jahr später sagte er im Prozess gegen Baader aus. Damit war Peter Urbach, gegen den in der linken Szene bereits Verdacht aufgekommen war, entgültig „verbrannt“. Der Verfassungsschutz besorgte ihm daraufhin eine neue Identität im Ausland. OTTO DIEDERICHS