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Eine App für Silberlocken und GenZ

Am Helpdesk können sich taz-Leser*innen Tipps für die App holen. Und nicht nur ältere Menschen nehmen das Angebot bei der Seitenwendetour in Anspruch. Auch der 17-jährige Rasmus aus Hannover ist gekommen

Aus Berlin und HannoverLeon Holly

„Das ist ja eure ganz eigene Mission Silberlocke“, stellt eine taz-Leserin fest. Sie ist an diesem Februar­abend ins Berliner taz-Haus gekommen, um sich zu informieren, was die Umstellung der gedruckten Tagesausgabe auf die digitale App für sie bedeutet. Mit der „Seitenwendetour“ versucht die taz zwar nicht, wie die Linkspartei mit ihrer Mission Silberlocke vor der Bundestagswahl, drei Direktmandate zu holen. Aber um für unsere Inhalte in der App zu werben, dazu passt die Metapher.

Deshalb touren wir gerade durch ganz Deutschland, um auf abendlichen Diskussionsveranstaltungen von Hamburg über Marburg bis München mit unseren Le­se­r*in­nen in Kontakt zu kommen. Dabei kommt es am „Helpdesk“ zum Austausch über die Seitenwende und zur Weitergabe hilfreicher Tipps für das Lesen auf Smartphone und Tablet. Das mag, wie die Leserin angedeutet hat, für ältere Menschen durchaus herausfordernder sein als für die, die quasi mit Smartphone geboren wurden.

Doch nicht nur für Silberlocken hält die Umstellung Unwägbarkeiten bereit. Das zeigt ein Abend in Hannover Ende Februar. Bevor hier gleich die Klimaaktivistinnen Carla Hinrichs und Annika Rittmann auf der Bühne des Kulturzentrums Faust von taz-Autor Maximilian Arnhold befragt werden, stehen taz-Kol­le­g*in­nen im Foyer am Helpdesk. Einer, der ein Problem mit seiner taz-App hat, ist erst 17 Jahre alt. Rasmus liest seit einigen Jahren täglich taz in der App. Doch seit er sein Handy an einen Desktopmonitor angeschlossen hatte, gibt es einen Fehler in der Leseansicht der Artikel. Mit anderen Worten: ein vertracktes technisches Problem. Eine grundsätzliche Beratung braucht er dagegen nicht.

Rasmus erzählt, dass er überhaupt erst durch die App zur taz gekommen ist. Seine Eltern sind langjährige Le­se­r*in­nen der Printausgabe. „Damals war mir die Zeitung zu groß zum Halten“, erzählt er. Doch dann probierte sein Vater die App aus, sagt Rasmus, „und ich war ganz begeistert davon“. Rasmus geht in Hannover in die 12. Klasse und interessiert sich besonders für den Politikunterricht. „Ich finde das am Handy besonders toll, weil man sich das beim Frühstück daneben legen und lesen kann, was mit der Papierzeitung nicht geht“, sagt Rasmus.

Seine Mutter Frauke ist an diesem Mittwochabend auch mit ins Kulturzentrum Faust gekommen. Sie arbeitet als Lehrerin und liest die taz bereits seit über zwanzig Jahren, seit ihrem Studium in Berlin. Ein besonderes Interesse hat sie dabei an Bildungspolitik. Im Gegensatz zu ihrem Sohn und ihrem Mann, der in der IT-Branche arbeitet, liest sie bislang noch gar nicht digital: „Wenn ich dazu komme, dann lese ich sie real auf dem Küchentisch.“

Ihr Mann dagegen hatte sich oft geweigert, längere Artikel in der Printausgabe zu lesen, weil er sich davon erschlagen fühlte, sagt Frauke. Doch da man in der App nicht auf den ersten Blick erkennt, wie lang ein Text ist, klicke ihr Mann jetzt auch auf längere Artikel – und werde dann „voll reingezogen“. Sie selbst überfliegt bislang die gedruckte Seite, um dann an Artikeln hängenzubleiben, erzählt Frauke. Sie glaubt nicht, dass das mit der App genauso funktionieren wird. „Wahrscheinlich bleibe ich dann an anderen Artikeln hängen.“

Doch könnte die digitale Zukunft für sie eine alte Wunde heilen. Als sie nach ihrem Studium aus Berlin wegzog, folgte die taz ihr zwar nach. Allerdings ging ihr mit dem Umzug der Lokalteil aus Berlin verloren, also jener Stadt, in der sie dreißig Jahre gelebt hatte. „Das war wirklich ein jahrelanger Prozess, dass man dachte, man ist so abgeschnitten von dem, wo man groß geworden ist“, erinnert sie sich. Erst im Gespräch erfährt Frauke, dass in der App alle Lokalteile zur Verfügung stehen. Für sie ist das „ein echter Vorteil“.

Vielleicht wird Frauke am Ende auch zur „Übergangsgewinnlerin“. Als solche bezeichnete sich vor Kurzem eine taz-Leserin am Helpdesk in Berlin, als sie erfuhr, dass taz-Abonnent*innen bald über die taz ein subventioniertes Tablet bestellen können. Und so ist vielleicht am Ende für je­de*n was dabei – ob Silberlocke oder nicht.

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