piwik no script img

Trump und PutinBei Anruf Frieden

Das Telefonat Donald Trumps mit dem Kremlchef durchkreuzt auch die Strategie seines Umfelds, wie ein Waffenstillstand in der Ukraine erreicht werden könnte.

Einmal mehr hat Donald Trump bewiesen wie sich Deals machen lassen und mit Putin eingeschlagen wie 2019 während eines G20 Gipfels Foto: Susan Walsh/dpa

Berlin taz | „Trump hat sich de facto Putin ergeben“ – so fasst der ehemalige US-Sicherheitsberater John Bolton zusammen, was am Mittwoch zunächst vom US-Verteidigungsminister Pete Hegseth und dann von Präsident Donald Trump selbst verkündet wurde. Zunächst hatte Hegseth bei seinem Antrittsbesuch im Nato-Hauptquartier in Brüssel erklärt, das Ziel der Ukraine, die Grenzen von 2014, also vor der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, wiederherzustellen, sei „unrealistisch“. Gleiches gelte auch für die von der Ukraine angestrebte Mitgliedschaft in der Nato. Damit gab Hegseth Positionen auf, die die westliche Unterstützungsallianz der Ukraine seit 2022 gehalten hatte – und das, bevor Verhandlungen mit Putin überhaupt nur begonnen haben.

Dass das bald der Fall sein könnte, gab dann Trump selbst in auf seinem eigenen Netzwerk Truth Social bekannt: Er habe ausführlich mit Wladimir Putin telefoniert. Er sei sich mit dem russischen Präsident einig darüber, dass der Krieg beendet werden solle, und werde mit Putin darüber Verhandlungen aufnehmen. Vor Jour­na­lis­t*in­nen im Weißen Haus erklärte Trump später, vermutlich werde man sich zunächst in Saudi-Arabien treffen, anschließend könne er auch nach Moskau und Putin nach Washington reisen.

Sowohl Hegseth als auch Trump machten deutlich, dass die USA kein Teil von etwaigen Friedenstruppen sein werden – für die zukünftige Sicherheit der Ukraine seien die europäischen Staaten zuständig. Trump allerdings bekundete das Interesse, die – nach seinen Angaben – 350 Milliarden Dollar zurückzubekommen, die man der Ukraine hinterhergeworfen habe. Sein neuer Finanzminister Scott Bessent besuchte am Mittwoch die Ukraine, um mit der ukrainischen Regierung den US-amerikanischen Zugang zu ukrainischen Bodenschätzen im Ausgleich für die militärische Unterstützung zu verhandeln.

Gefragt, wie er die Rolle der ukrainischen Regierung bei zukünftigen Friedensverhandlungen sehen würde, blieb Trump im Vagen. Allerdings wies er darauf hin, dass der Präsident der Ukraine Wolodymyr Selenskyj „schlechte Umfragewerte“ habe und ja irgendwann Wahlen abhalten müsse. Das interpretierten etliche Beobachter als klare Ansage: Die ukrainische Regierung dürfte, wenn es nach Trump geht, kaum eine Rolle spielen.

Drohungen statt Verhandlungen

Der Weg, den Trump jetzt skizziert, hat mit dem, was bislang als „Kellogg-Plan“ gehandelt wurde, nicht mehr viel zu tun. Denn die Idee, die Trumps Sonderbeauftragter für die Ukraine und Russland, Keith Kellogg, bislang aufgeworfen hatte, sah zwar auch vor, den Krieg mehr oder weniger am derzeitigen Frontverlauf zunächst einzufrieren. Aber Kelloggs Vorschlag war nicht, Trump möge mit Putin verhandeln – was der russische Präsident sich immer erträumt hatte. Stattdessen plante er, Putin durch die Drohung massiver Waffenlieferungen an die Ukraine an den Verhandlungstisch zu zwingen, während Selenskyj mit dem völligen Stopp jeglicher Unterstützung unter Druck gesetzt werden sollte.

Damit blieben die USA in Kelloggs Vorstellung ein fester Alliierter der Ukraine, wenn auch einer, der ein realistisches Vorgehen zur Beendigung der Kampfhandlungen fordert. Die Grundidee, dass es nicht länger im US-amerikanischen Interesse liege, Milliardenbeträge für die Sicherheit Europas auszugeben, teilte Kellogg mit Trump – und im Übrigen auch mit den demokratischen Vorgängerregierungen von Joe Biden und zuvor Barack Obama – auch wenn die nie so weit gingen, die Allianz deshalb im Regen stehen zu lassen.

Dass am gleichen Tag im US-Senat auch noch Tulsi Gabbard als neue Direktorin der nationalen Geheimdienste bestätigt wurde, dürfte in Moskau als kleines Tüpfelchen auf dem i gesehen werden: Gabbard hatte wegen russlandfreundlicher Kommentare, Verständnis für die russische Invasion in der Ukraine und früherer Treffen mit dem inzwischen gestürzten syrischen Machthaber Baschar al-Assad unter heftiger Kritik gestanden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!