das portrait: Diese Journalistin aus Georgien ohrfeigte einen Polizisten: Mzia Amaghlobeli
Die Journalistin Mzia Amaghlobeli ist die erste weibliche politische Gefangene in Georgien seit 1991. Die erfahrene Medienmanagerin, die vor 25 Jahren mit ihrer Freundin Eter Turadze die unabhängigen Onlinezeitungen Batumelebi und Netgazeti, gründete, befindet sich seit dem 12. Januar im Hungerstreik. Mittlerweile musste sie aufgrund ihres sich verschlechternden Gesundheitszustands vom Gefängnis in eine Klinik verlegt werden.
Die 49-Jährige war in Georgien eher unbekannt. Das änderte sich schlagartig, nachdem sie in der Nacht zum 12. Januar festgenommen worden war. Ort des Geschehens: Batumi, die zweitgrößte Stadt Georgiens. Dort ist auch die Redaktion von Batumelebi ansässig. Parallel zur Berichterstattung über Korruption, Polizeigewalt und Nepotismus betrieb das Medium Crowdfunding zur Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen und organisierte Kampagnen zur Lösung sozialer Probleme.
Eine dieser Initiativen waren mobile Bibliotheken in abgelegenen Bergdörfern. Auch Mzia wuchs in einem solchen Dorf auf – in Chwana, wo weniger als 300 Menschen leben. Bücher und Spielzeug für Kinder gelten hier als Luxus, Erwachsene haben kaum Zugang zu Gesundheitsdiensten und finden nur selten Arbeit in der Nähe ihres Wohnortes.
Die Fenster der Redaktion von Batumelebi sind voll von Flaggen der Ukraine, der EU und Georgiens. In der letzten Woche stand dort auch eine Tafel mit einem Bild von Mzia. In der Redaktion lebt eine schwarze Katze namens „News“, ihre beste Freundin. Im Konferenzraum hängt eine Collage, darauf steht: „Wie kann eine so kleine Stadt wie Batumi so viele politische Gefangene haben?“ Unter dem Text sind Bilder von Mzia und anderen Menschen zu sehen, die wegen der jüngsten Proteste verhaftet wurden – mehr als 500.
Zum ersten Mal wurde Mzia Amaghlobeli festgenommen, weil sie bei einer Kundgebung vor der Polizeiwache einen Aufkleber mit der Aufschrift „Streik“ angebracht hatte. Zum zweiten Mal, weil sie einen hochrangigen Polizeibeamten geohrfeigt hatte. Manche sprechen von einem „Schlag ins Gesicht“ eines repressiven Regimes. Laut Transparency International Georgia zeigen Videos, dass die Ohrfeige für eine Anklage nicht ausreicht. Wenn die Journalistin jedoch verurteilt wird, drohen ihr vier bis sieben Jahre Haft.
Bürgerinnen, die in jener Nacht zusammen mit Mzia festgenommen worden waren, berichten übrigens, dass besagter Polizist während der ganzen Nacht Protestierende schlug, beschimpfte und beleidigte. Amaghlobeli wurde von ihm daran gehindert, Wasser zu trinken und die Toilette zu benutzen. Auch soll er ihr ins Gesicht gespuckt haben. „Ich weigere mich, die Agenda des Regimes zu akzeptieren […]. Freiheit ist viel wertvoller als Leben und sie steht auf dem Spiel.“ „Kämpfe, bevor es zu spät ist“ – so lauten einige Zitate aus Briefen, die Mzia im Gefängnis geschrieben hat.
Ihr Fall beschäftigt mehr als 300 georgische Journalist*innen und Redakteur*innen sowie mindestens ein Dutzend internationale Organisationen für Medienfreiheit. Fast jeden Nachmittag organisieren Kolleg*innen von Mzia in der Hauptstadt Tbilisi und in Batumi Märsche – aus Solidarität und um ihr Leben zu retten.
Dem setzt die Regierung Desinformationskampagnen entgegen. Sie fordert eine Entschuldigung von ihr. Amaghlobeli schreibt aus dem Gefängnis, dass diese dreisten Kommentare ihr Kraft gäben, um weiterzukämpfen. Sie will ihren Hungerstreik bis zum 4. März fortzusetzen – dem Tag der Anhörung ihres Falles vor Gericht. Nastasia Arabuli
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