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Schiffsrecycling kostete neun Menschenleben

Wegen laxer Umwelt- und Arbeitsschutzregeln werden Tanker vor allem in Südasien verschrottet

Von Phillipp Steiner

Die meisten Schiffe werden weiter in Südasien verschrottet. Wegen mangelnden Arbeitsschutzes seien dabei im Jahr 2024 neun Menschen ums Leben gekommen. Dies geht aus einer Studie der Nichtregierungsorganisation Shipbreaking Platform vor, die der taz vorliegt. Demnach kam es auch zu 45 Verletzten. Einer der schlimmsten Unfälle ereignete sich in Chattogram in Bangladesch. Während der Verschrottung eines Öltankers sei es zu einer Explosion gekommen, die sechs Menschen tötete sowie sechs weitere schwer verletzte.

Insgesamt wurden den Angaben zufolge 2024 global 409 Schiffe verschrottet, 255 davon in Südasien. „Bangladesch bleibt die erste Wahl der Schifffahrtsindustrie für das Verschrotten, trotz gravierender Konsequenzen für Arbeiter, lokale Gemeinschaften und fragile Küstenökosysteme“, teilte Shipbreaking Platform mit. Die NGO mit Sitz in Brüssel setzt sich für sauberes und sicheres Schiffsrecycling ein. Sie bemängelt besonders das sogenannte Beaching, bei dem alte Schiffe auf den Strand gesetzt und unter prekären Umwelt- und Arbeitsschutzstandards zerlegt werden. Neben Bangladesch fand das Abwracken vor allem in Indien und Pakistan statt, so die NGO. Sie kritisierte ferner türkische Werften, die wegen nicht erfüllter Standards von der Liste der EU-zertifizierten Abwrackeinrichtungen gestrichen worden seien.

Von den Exportländern wurde besonders China kritisiert. Über 50 chinesische Schiffe seien zum Verschrotten nach Südasien verkauft worden. Und das, obwohl die Volksrepublik ein Importverbot für Abfall erlassen habe, eigene Trockendock-Kapazitäten für Schiffsrecycling besitze und Beaching dort verboten sei.

Mit Blick auf Unternehmen hob Shipbreaking Platform unter anderen MSC negativ hervor. Die Schweizer Containerreederei erhielt von der Organisation zum zweiten Mal in Folge den Titel des am schlimmsten verschmutzenden Unternehmens, weil 16 Schiffe seiner Flotte 2024 zum Beaching nach Indien gebracht wurden. Eine Anfrage an MSC zur Stellungnahme blieb unbeantwortet.

Im Juni 2025 tritt das Hongkonger Übereinkommen zum Schiffsrecycling in Kraft. Es soll Standards weltweit anheben. Shipbreaking Platform beurteilt es als schwach. Es bringe „nicht die Lösungen, die für den Wechsel der Branche zu nachhaltigem Schiffsrecycling nötig sind“, so Exekutivdirektorin Ingvild Jenssen. Sie spricht sich dafür aus, dass die im Basler Übereinkommen niedergelegten Prinzipien gewährleistet werden sollen. Dieses reguliert Abfallexporte insgesamt und ist bereits in Kraft. Von der Europäischen Union erwartet die NGO Vorschläge zur Verschärfung der Schiffsrecycling-Verordnung.

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