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taz: Wie kommen die Besuche bei Ihren Kol­le­g*in­nen an?

Espinoza de Jesús: Anfangs waren einige Kollegen relativ skeptisch, die Jungs zu uns auf Wache holen. Doch bei den Workshops haben sie gesehen, dass die Jugendlichen echt coole Fragen stellen. Da konnten sie ihr Wissen teilen und einiges erklären. Inzwischen melden sich immer gleich mehrere Kollegen, wenn ich frage, wer bei solchen Aktionen dabei sein will.

taz: Was für Fragen haben die Jugendlichen denn so?

Espinoza de Jesús: Ein Jugendlicher, 13 oder 14 Jahre alt, hat mal gefragt, wie wir mit dem psychischen Stress umgehen und ob die Feuerwehr uns unterstützt. Da konnte ich gleich viel erzählen, wir haben ein Einsatz-Nachsorge-Team, die wir bei belastenden Situationen anfordern. Mit denen hatte ich auch schon zu tun. Er ist da ganz von allein drauf gekommen, das fand ich total cool. Ich habe ein Notizbuch, und in dem sammle ich diese Fragen. Es kommen eigentlich jedes Mal neue Fragen dazu.

taz: Abgesehen davon, dass bei den Jugendlichen grundsätzlich Interesse da zu sein scheint: Merkt ihr denn schon, dass die Treffen auch einen Effekt haben?

Espinoza de Jesús: In Schöneberg meinten die Jugendlichen letztens zu einem Kollegen: Wir haben dich gesehen, wie du beim Einsatz warst, du bist rausgefahren, aber du hast uns gar nicht wahrgenommen. Der Kollege war natürlich voll im Tunnelblick. Aber das ist für uns total schön, dass die Kids jetzt immer darauf achten, wer in dem Fahrzeug sitzt. Die gucken wirklich vorne rein hinter die Frontscheibe und gucken, ob die ein Gesicht erkennen können. Oder letztens war ein Kollege bei einer Notfallpatientin. Und nachdem sie versorgt war, meinte eines ihrer Kinder: Diesen Rucksack, den habe ich schon mal bei euch auf der Wache gesehen. Das ist megacool, wenn du gleich so eine Verbundenheit hast. Die Kids müssen jetzt nicht jeden unserer 5.000 Kol­le­g*in­nen wiedererkennen: aber wenn sie wissen, das ist jetzt unser Fahrzeug hier aus unserem Gebiet – dann sind wir auf einem guten Weg.

Antoni Espinoza de Jesús

29, Spitzname: Machete. Als Kiezbeauftragter der Wache Spandau Süd organisiert er Sportturniere und Workshops für Jugendliche.

taz: Wenn ich jetzt richtig mitgezählt habe, wären das pro Kiez so drei, vier Begegnungen zwischen Jugendlichen und Feuerwehr. Das ist ja aufs Jahr gesehen gar nicht viel.

Espinoza de Jesús: Es ist viel im Gegensatz zu den Jahren davor – da gab es ja gar keine vergleichbaren Treffen. Jetzt haben wir berlinweit in einem Jahr mehr als 70 Treffen und Veranstaltungen organisiert. Und wir machen ja nicht nur die Workshops, wir kommen auch mit einem Fahrzeug zu Stadtteilfesten, wo die Kinder dann ins Auto klettern und Fotos machen dürfen und wir Fragen beantworten und unser Equipment zeigen. Wir treffen die Jugendlichen zu Sportturnieren. Da versuchen wir, die Zeit so gut wie möglich gemeinsam zu verbringen. Wir stellen uns nicht da hin, erzählen was und hauen wieder ab. Sondern wir hängen richtig mit denen ab. Letztens in Spandau haben wir uns in einem richtig schönen Klubhaus getroffen, die haben große Räume, mit Beamer und allem. Da haben wir Tischtennis gespielt und Playstation gezockt, FIFA und Just Dance als Turnier. Mit kleinen Preisen. Und Essen und Trinken natürlich auch. Da reden wir nicht nur über die Arbeit, wir fragen sie auch, was ihre Hobbies sind, was ihre Familien machen. Dieses Rumalbern, Spaßhaben und Erzählen, das ist der eigentliche Eisbrecher.

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