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Digital Markets Act und LobbyismusKonzerne undercover dabei

Die EU wollte die Öffentlichkeit am Kampf gegen Monopole von Tech-Giganten beteiligen. Eine Analyse zeigt, wie die Unternehmen das unterwanderten.

Die Regeln sollen auch die Rechte von Nut­ze­r:in­nen stärken Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Berlin taz | Bei einem der großen EU-Gesetze zur Plattformregulierung, dem Digital Markets Act, haben Tech-Konzerne offenbar die Debatte um die Umsetzung beeinflusst – undercover. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Verbände Lobbycontrol, Corporate Europe Observatory und der niederländischen NGO Somo.

Bei den Workshops, die die EU-Kommission im März durchgeführt hatte, um die Öffentlichkeit an der Umsetzung der neuen Regeln zu beteiligen, hätten auch Ver­tre­te­r:in­nen von Tech-Konzernen teilgenommen – und zwar teils, ohne entsprechende Verbindungen offenzulegen. Dazu seien sie jedoch aufgefordert gewesen.

Der Digital Markets Act (DMA) hat das Ziel, Plattformen mit Monopolstellung einzuhegen. Damit soll sich der Wettbewerb und die Position der Ver­brau­che­r:in­nen verbessern. Der DMA macht daher Vorgaben für die größten Anbieter. Teilweise kommen die Regeln schon zum Tragen – etwa, wenn Apple und Google als Anbieter von Smartphone-Betriebssystemen nun auch alternative App-Stores und Zahlungswege zulassen müssen. Doch der Widerstand gegen die neuen Regeln von Seiten der Konzerne war und ist enorm.

Entsprechend groß war die Beteiligung an den Workshops zur Umsetzung. Der Recherche der drei Organisationen zufolge hatten 848 der dabei registrierten Teil­neh­me­r:in­nen (21 Prozent), Verbindungen zu Unternehmen, die der DMA regulieren soll. Doch längst nicht alle hätten offengelegt, wenn sie Verbindungen – etwa anwaltlich beratender Art oder als Thinktank, der finanzielle Zuwendungen erhält – zu den Tech-Konzernen halten.

Zu den indirekten Ver­tre­te­r:in­nen der Konzerne seien außerdem die direkten Angestellten gekommen, die weitere 5 Prozent der Teilnehmenden gestellt hätten. „Der Einsatz von Tarngruppen durch Big Tech zur Verzerrung der öffentlichen Debatte ist äußerst problematisch“, kritisiert Bram Vranken vom Corporate Europe Observatory. „Es ist nicht nur irreführend, sondern untergräbt auch die demokratische Entscheidungsfindung.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Verbände die Lobbymacht von Konzernen in Brüssel anprangern. Vor allem mit den Verhandlungen über die Datenschutz-Grundverordnung vor rund zehn Jahren hat sich ein Apparat an getarnten Lob­by­is­t:in­nen in Brüssel installiert, teilweise als Ver­trete­r:in­nen von Kanzleien und Thinktanks. Versuche seitens der EU, das Vorgehen zu verhindern, haben bislang keinen großen Erfolg gezeigt.

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3 Kommentare

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  • Der Versuch die Lobbyarbeit zu verhindern?



    Wann soll der denn gewesen sein.

  • ".. um Monopole einzuhegen.."



    Finde den Fehler.



    Monopole muss man zerschlagen wenn man funktionierende Marktwirtschaft haben will.



    VWL 101.



    Aber das will ja keiner.



    Ratz und Rübe hatten recht.

  • Ein Klassiker: Nicht nur Beamte in der EU glauben, wenn man für ein meeting ein Formular ausfüllen muss, ob man für die tech-Konzerne arbeitet oder "Verbindungen hat" , damit ebendiese "Verbindungen" draußen bleiben - dann sind die ausgefüllten Formulare ein Schutz gegen die Neugier der Tech-Konzerne - die schließlich alle Möglichkeiten haben, rauszukriegen, in welche meeting sie "ihre" Leute schicken müssen.



    Müssen wir wirklich davon ausgehen, es habe keine weiteren Prüfungen gegeben, wer da in diesen durchaus sensiblen meetings sitzt?



    Für solche Fehler sind die EU-Beamten viel zu gut bezahlt, als dass das keine Konsequenzen haben kann. Wird es aber wohl nicht geben. Die Krähen brauchen schließlich ihre Augen noch...