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33.000 wollen sich einbürgern

Zahl der Anträge steigt – SPD-Fraktionschef Saleh fordert eine „andere“ Migrationsdebatte

Der Bearbeitungsstau bei den Anträgen auf Einbürgerung in Berlin nimmt eher zu als ab. Von Januar bis September wurden beim Landesamt für Einwanderung (LAE) knapp 33.000 Anträge gestellt, im gleichen Zeitraum wurden rund 13.500 Menschen eingebürgert. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der Grünen hervor. Zudem waren aus den Bezirken 40.000 Einbürgerungsanträge an das neue zentrale Landesamt übergeben worden. Seit April sind alle alten Anträge digitalisiert und auch die abschließenden Qualitätskontrollen sind erfolgt.

Angesichts des großen Andrangs und etwa 100 Einbürgerungen pro Tag sind die geplanten öffentlichen Einbürgerungsfeiern mit der Beteiligung von Politikern meist nicht möglich, hieß es. Die Bewerber, „die mitunter bereits Jahre auf die Einbürgerung warten mussten“, sollten nicht noch weiter warten müssen.

Seit dem 27. Juni gilt bundesweit ein neues Staatsangehörigkeitsrecht, das Einbürgerungen erleichtern soll. Seitdem stieg die Zahl der Anträge noch einmal. Im Juni gingen durchschnittlich 133 Anträge pro Tag ein. Im Juli waren es im Schnitt täglich rund 200.

Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh kitisiert währenddessen die aktuelle Diskussion über Migration – auch in der eigenen Partei. Die Art, wie die Debatte geführt werde, sei „Gift für das Miteinander in der Gesellschaft. Er forderte vom Bundeskanzler einen Gipfel zu dem Thema.

Aktuell konzentriere sich alles nur „auf Geflüchtete und auf Abschiebungen“, sagte Saleh der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben keine Vision, wie wir mit dem Thema insgesamt umgehen.“ Er wünsche sich von Scholz Ideen, hinter denen „sich die große Mehrheit der Menschen versammeln kann“, und forderte ein „echtes Zuwanderungsgesetz“. „Ohne die damals so genannten Gastarbeiter wäre Deutschland niemals wirtschaftlich so erfolgreich geworden“, unterstrich der SPD-Politiker. „Zuwanderung darf also nicht reduziert werden auf die Frage, wie unkontrollierte Migration eingedämmt werden kann.“

Probleme müsse man benennen. „Menschen, die unser Land gefährden“, weil sie es verachteten oder womöglich Anschläge planten, müsse der Rechtsstaat ahnden. „Aber wir dürfen nicht vergessen und müssen wieder stärker betonen: Erfolgreiche Integration gibt es in diesem Land jeden Tag millionenfach.“ (dpa)

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