: Mehr antisemitische Taten erfasst
Verfasser einer Chronik des Antisemitismus werfen Hamburg vor, mit Daten hinterherzuhinken
Von Franka Ferlemann
187 antisemitische Vorfälle haben das Magazin Untiefen und der Bildungsverein Bagrut in Hamburg seit dem Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 erfasst. Viele dieser Vorfälle, die die Autor*innen in einer Chronik des Antisemitismus veröffentlicht haben, weisen einen selbstdeklarierten pro-palästinensischen Hintergrund auf. Aber auch rechtsextremer Antisemitismus, Holocaust-Relativierung und alltäglicher Antisemitismus sind weiterhin präsent.
Die Chronik orientiert sich an der Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) und umfasst Äußerungen, tätliche Übergriffe und Veranstaltungen, bei denen eine antisemitische Intention klar erkennbar ist. Ziel der Chronik ist es laut den Autor*innen, das Ausmaß und die Formen der antisemitischen Vorfälle sichtbar zu machen.
Die Verfasser*innen kritisieren die aktuelle Datenlage der Stadt Hamburg zu Antisemitismus. Zwar liefert der Senat im Rahmen von Antworten auf Bürgerschaftsanfragen Polizeidaten zum Thema, diese decken jedoch nur strafrechtliche relevante Fälle von Hasskriminalität allgemein ab. Das von der Stadt geförderte zivilgesellschaftliche Monitoring der Hinweisstelle „Memo“ bietet zudem zusammengefasste Daten zu rechten, rassistischen und antisemitischen Vorfällen. In den öffentlichen Daten fehlen nach Ansicht der Autor*innen der Chronik vor allem Details zu den Hintergründen und Kontexten der Vorfälle: „Für die Diskussion darüber, woher dieser Antisemitismus kommt und wer die Täter sind, bieten die vorhandenen Daten kaum Anhaltspunkte,“ so Felix Breuning vom Untiefen-Magazin.
Was aus den Daten jedoch hervorgeht, ist ein signifikanter Anstieg antisemitischer Vorfälle seit dem Terroranschlag. Im vierten Quartal 2023 war die Anzahl der zur Anzeige gebrachten Fälle von Hasskriminalität fünfmal so hoch wie im Vorjahreszeitraum. Zudem dürfte die Dunkelziffer noch höher liegen. Eine Studie der Akademien der Polizei Hamburg und Niedersachsen schätzt, dass bis zu 80 Prozent der Vorfälle nicht erfasst werden.
Auf dieser Grundlage sprechen die Autor*innen des Untiefen-Magazins von einer unzureichenden Datenlage und fordern eine öffentlich zugängliche systematische und detaillierte Erfassung antisemitischer Vorfälle, um die Täter und Motive besser nachvollziehen zu können: „Die Form, in der Antisemitismus bislang dokumentiert wird, reicht nicht aus, um das volle Ausmaß des Problems sichtbar zu machen“, so Felix Breuning.
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