das portrait
: Ansmina Houmadi, Zimmerfrau in Marseille, bleibt widerständig

Foto: privat

Ansmina Houmadi ist Zimmerfrau im Luxushotel Radisson Blu im Alten Hafen von Marseille. Die 31-Jährige, im französischen Überseegebiet Mayotte geboren, ist Sprecherin einer Gruppe von Frauen, die im Frühsommer 69 Tage lang für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt hatte. Ihre Forderungen: mehr Lohn, weniger Überstunden und die Begrenzung des Arbeitsorts auf nur ein Hotel. Denn ihr Arbeitgeber, eine Reinigungsfirma, hatte die Frauen häufig in mehreren Hotels eingesetzt, und das auch noch oftmals spontan. Ende Juli kam es dann endlich zu einer Einigung, der Streik der Frauen schien erfolgreich. Doch nun meldet sich Houmadi erneut zu Wort.

„Unsere Arbeitsbedingungen haben sich nicht geändert“, sagt Houmadi der taz. Es gäbe zwar 11 Cent mehr Lohn, 12,33 Euro pro Stunde, doch die Chefs der Reinigungsfirma versuchten weiterhin, Druck auf die Frauen auszuüben. So sollen sie auch weiterhin spontan in mehr als einem Hotel Zimmer putzen. Houmadi fürchtet, dass die Firma die Frauen für den Streik bestrafen will.

Rücken, Hüfte, Kopf

Ihren Arbeitsalltag beschreibt sie so: Natürlich müssen die Zimmer geputzt werden, doch sie und ihre Kolleginnen sind auch für das Auffüllen der Getränke wie Kaffee und Wasser in den Zimmern zuständig. Putzzeug und Getränke schieben sie auf einem schweren Wagen durch die Flure. „Man kommt mit einem gebrochenen Rücken heraus, mit Kopfschmerzen, Hüftschmerzen und Armschmerzen“ sagt Houmadi über den Knochenjob.

Die Frauen fordern von ihrem Arbeitgeber wenigstens eine besser Ausstattung mit tatsächlich auch funktionstüchtigem Arbeitsmaterial. Gerade die Wischmops würden schnell verschleißen, und sie hätten auch nicht genügend davon. Auch neue, größere Wagen würden den Frauen die Arbeit erleichtern, sagen sie. Auch die Überstunden werden ihnen laut Houmadi weiterhin nicht bezahlt. Darunter leide das Privatleben, viele der Frauen, sagt Houmadi, haben Kinder zu Hause.

Die meisten der Reinigungskräfte kommen aus Nicht-EU-Ländern und sprechen nicht fließend Französisch. Das nutze der Arbeitgeber aus, sagt Ansmina Houmadi. Ihre Reinigungsfirma fordere ständige Bereitschaft, Widerspruch sei nicht erwünscht: „Du darfst nichts sagen. Du kommst zur Arbeit, du machst die Arbeit, du hältst die Klappe und gehst nach Hause.“

Auch die Hotelgäste machten den Arbeitsalltag der Frauen häufig nicht gerade leichter. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel beschreibt Houmadi den Zustand, in dem viele Gäste die Zimmer hinterlassen würden, so: Vollgekrümelte Betten, benutzte Kondome und Kot auf dem Boden. Viele glaubten, sie könnten sich alles erlauben, sagt Houmadi, schließlich hätten sie viel Geld für das Zimmer bezahlt.

Doch die mit Widerstandskraft ausgestattete Reinigungskraft will in keiner Opferrolle sein. Sie liebe ihren Job, sie wolle arbeiten, sagt sie. Das Problem sei nur, dass der Arbeitgeber sie nicht respektiere, und auch keine fairen Löhne bezahle. Streiken möchte sie in nächster Zeit trotzdem nicht nochmal. Über mehrere Stunden direkt am Meer im Wind zu stehen, das sei ihr auf Dauer zu anstrengend.

Am 18. September will sich der Chef der Reinigungsfirma mit Ansmina Houmadi treffen, um Bilanz zu ziehen. Egal, wie die Chef-Bilanz ausfällt: Ansmina Houmadi ist bereit, weiter für sich und ihre Kolleginnen kämpfen.

Vincent Bruckmann