Filmempfehlungen für Berlin: Die Scheiße mit dem Geld

Diese Woche stehen Dünger mit menschlichen Extrementen und angetäuschter Reichtum auf dem Programm. Dazu Stummfilmklassiker mit bewegter Kamera.

Ein Mann fährt mit dem Fahrrad auf das Flussufer einer Stadt zu. Dahhinter ist eine große geschwungene Brücke zu sehn. Auf dem Gepäckträger seines Fahrrads befindet sich ein Kackhaufen mit aufgesetzten Scherzartikelaugen.

Szene aus Ruben Abruñas Dokumentarfilm „Holy Shit – mit Scheiße die Welt retten“ Foto: Thurn Film

Wie man – in übertragenem Sinn – aus Scheiße Geld macht, dazu könnte jeder Kapitalismusexperte bestimmt stundenlang referieren. Aber kann man menschliche Exkremente im Zeitalter des Recycling nicht vielleicht auch umweltbewusst als Dünger verwenden? Geht ja schließlich mit tierischem Dung auch. Der aus Puerto Rico stammende Regisseur Rubén Abruña geht dieser Frage in seinem ebenso unterhaltsamen wie informativen Dokumentarfilm „Holy Shit – Mit Scheiße die Welt retten“ nach und findet interessante Verwertungsmöglichkeiten unserer Ausscheidungen von Hamburg bis Uganda.

Nach der Vorführung des Films im Filmmuseum Potsdam gibt es eine Gesprächsrunde zum Thema, zu der neben Regisseur Abruña auch der brandenburgische Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Axel Vogel von den Grünen sowie Florian Augustin vom Trockentoilettenhersteller Finizio – The Future Sanitation anwesend sind (11.9., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Im August verstarb mit dem französischen Schauspieler Alain Delon einer der Großen seiner Zunft, der vom Ende der 1950er bis mindestens in die 1970er Jahre hinein eine beeindruckende Anzahl von absolut erstklassigen Filmen gedreht hatte. Er sah nicht nur unverschämt gut aus, sondern konnte genau deshalb das Amoralische so attraktiv verkörpern: kühl und lässig, dabei stets gesegnet mit großer negativer Energie.

Das machte ihn zur Idealbesetzung der Figur Tom Ripley in René Cléments spannendem Kriminalfilm „Plein soleil“ („Nur die Sonne war Zeuge“), der 1959 nach Patricia Highsmiths Roman „The Talented Mr. Ripley“ entstand. Hier begehrt der Herumtreiber Ripley, was ein Bekannter ihm selbstbewusst und arrogant vor Augen führt: den Reichtum, die Segelyacht, die Freundin. Morde, Lügen und Urkundenfälschung sind folgerichtig Ripleys Weg, Moral spielt keine Rolle. „Plein soleil“ ist als würdige Delon-Hommage in den Kinos Delphi Lux und Passage zu sehen (Passage: 5.9.-7.9., 10.9., 20.30 Uhr, 8.9., 19.30 Uhr, 11.9., 20.35 Uhr; Delphi Lux: 5.9., 16 Uhr, 6.9.-8.9., 15 Uhr, 9.9.-11.9. 15.45 Uhr).

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Mit „entfesselter Kamera“

Zum mittlerweile 15. StummFilmLiveFestival lädt das Kino Babylon Mitte mit 25 Stummfilmen des Jahres 1924, die von insgesamt 14 verschiedenen Musikern und Musikerinnen begleitet werden. In­ter­es­sen­t:in­nen können sich deshalb in einigen Fällen denselben Film mit einer anderen musikalischer Begleitung durchaus noch einmal ansehen: Kosten tut das nur die eigene Zeit, denn die Vorstellungen sind gratis. Mit dem Jahr 1924 nähert man sich langsam der internationalen Blütezeit des Stummfilms, entsprechend gibt es eine Vielzahl an Meisterwerken zu bewundern.

Im Mittelpunkt steht mit F.W. Murnaus „Der letzte Mann“ – ein stolzer Hotelportier wird zum Toilettenwärter degradiert – ein Film, der aufgrund der „entfesselten Kamera“ (gemeint sind die damals noch eher ungewöhnlichen Erfindungen, um die Kamera in Bewegung zu setzen) auch heute noch gern gesehen und diskutiert wird. Nicht weniger interessant ist John Fords epischer Western „The Iron Horse“, der den Bau der transkontinentalen Eisenbahn in den 1860er Jahren dramatisiert und in verschiedenen Erzählsträngen Tragisches und Heiteres sehr gelassen in der Waage hält.

Absolut brillant ist/war auch Erich von Stroheims Verfilmung des naturalistischen Romans „McTeague“ von Frank Norris unter dem Titel „Greed“: Fast neun Stunden dauerte die originale Version des Films um den sozialen Abstieg eines Paares in einem heruntergekommenen Viertel von San Francisco, aber die verschiedenen Versuche, den Film in eine kommerziell verwertbare Länge zu bringen, ließen am Ende davon nur zwei Stunden übrig. Doch auch die lohnen noch immer und machen Stroheims Genie deutlich erkennbar (15. StummFilmLiveFestival, 5.9-15.9., Babylon Mitte).

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