Festnahme von vier Männern aus Syrien: Mutmaßliche Kriegsverbrecher in Haft

Fünf mutmaßliche Kriegsverbrecher aus Syrien sitzen nun in Deutschland in U-Haft. Ihnen wird unter anderem Folter vorgeworfen.

Ein alter Mann im Stadtviertel Al Yarmouk in Damaskus

Das Stadtviertel Al Yarmouk in Damaskus Foto: Safarjalani/Xinhua/imago

Fünf mutmaßliche Kriegsverbrecher aus Syrien sitzen seit Donnerstag in Untersuchungshaft. Die Männer stehen unter dringendem Verdacht, in Syrien im Auftrag des Regimes Zivilisten getötet und damit Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen begangen zu haben. Vier der Verhafteten wird zudem Folter vorgeworfen.

Die fünf Männer waren am Mittwoch in Berlin, im pfälzischen Frankenthal und bei Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern festgenommen worden. Zeitgleich seien in Schweden drei weitere Verdächtige verhaftet worden, so die Bundesanwaltschaft.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft ist das syrische Regime spätestens seit Ende April 2011 mit zunehmender Gewalt gegen Kri­ti­ke­r*in­nen im Land vorgegangen. So sollte die damalige Protestbewegung möglichst früh unterdrückt und die Bevölkerung eingeschüchtert werden. Hierzu seien tatsächliche und vermeintliche Oppositionelle inhaftiert, gefoltert und häufig getötet worden. An diesem Prozess sollen sich die fünf Verhafteten beteiligt haben.

Einer von ihnen, Mazhar J., ist laut Bundesanwaltschaft ein Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes gewesen. Die anderen vier, staatenlose syrische Palästinenser, sollen seit 2011 in Syrien der Miliz „Free Palestine Movement“ (FPM) angehört haben. Diese kontrollierte im Auftrag des Regimes das Stadtviertel Al Yarmouk in Damaskus. Es ist aus einem palästinensischen Flüchtlingslager entstanden und wurde ab Juli 2013 vollständig abgeriegelt. Die Verhafteten sollen sich dort 2012 unter anderem an der gewaltsamen Niederschlagung einer friedlichen Demonstration gegen die syrische Regierung beteiligt und dabei gezielt auf Demonstranten geschossen haben. Mindestens sechs Menschen starben, weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Zudem sollen die Verhafteten Zivilisten schwer misshandelt haben.

Das Weltrechtsprinzip

„Die Opfer wurden mit Fäusten und Gewehrkolben gegen den Kopfbereich geschlagen oder mit Fußtritten traktiert“, so die Bundesanwaltschaft. Dies soll an Checkpoints geschehen sein, die die FPM und andere Milizen zum Betreten oder Verlassen des Stadtviertels eingerichtet hatten. Einer der Männer händigte eine Person dem syrischen Militärischen Geheimdienst zur Inhaftierung und Folterung aus. Er zwang außerdem an einem Checkpoint eine Frau unter Androhung einer Vergewaltigung, ihren minderjährigen Sohn gegen Übergabe von Familienschmuck auszulösen. Mazhar J., der mutmaßliche Geheimdienstmitarbeiter, soll die Festnahme eines Mannes angeordnet und ihn selbst im Gefängnis des Geheimdienstes gefoltert haben.

Im April 2013 richteten Mitarbeiter des Geheimdienstes in Damaskus bei einer Massen­exe­ku­tion mindestens 41 Zivilisten hin. Drei der Opfer sollen kurz zuvor unter anderem von einem der Verhafteten an einem Checkpoint in Al Yarmouk festgenommen worden sein.

Dass die mutmaßlichen Straftaten in Deutschland verfolgt werden, obwohl sie in Syrien begangen wurden, beruht auf dem sogenannten Weltrechtsprinzip: Danach werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen auch dann hier verfolgt, wenn es keinen Bezug zu Deutschland gibt. Deshalb konnte vor zwei Jahren bereits der Geheimdienstmitarbeiter Anwar R. in Koblenz zu lebenslanger Haft verurteilt werden.

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