NPD marschiert in Neukölln auf

NEONAZIS Kurz nach dem Mordanschlag, bei dem ein rechtsextremer Hintergrund nicht ausgeschlossen wird, will die NPD am Freitag in Neukölln auf die Straße gehen. Zeitgleich demonstriert die Antifa

„Kein Platz für Neonazis in Neukölln“ – dafür wollen am Freitagabend mehrere hundert Menschen auf die Straße gehen. Startpunkt der Demo, die die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) angemeldet hat, ist um 17.30 Uhr der U-Bahnhof Lipschitzallee. Auch die NPD will am Freitag demonstrieren. Ihr Motto: „Zeit zu handeln. Unserem Volk eine Zukunft. Kriminelle Ausländer raus“. Als Zeit ist 18 bis 24 Uhr angemeldet, als Startpunkt gibt die NPD den U-Bahnhof Blaschkoallee an. Eine Route steht noch nicht fest.

„Die Berliner Nazis betrachten Neukölln inzwischen als ihre Homezone“, sagt Markus Tervooren, Geschäftsführer des VVN-BdA. Das könne man nicht zulassen. Für ihn ist es eine Provokation, dass die NPD ausgerechnet jetzt aufmarschiert, kurz nach dem Mordanschlag, bei dem ein rechtsextremer Hintergrund nicht ausgeschlossen wird.

In Neuköllns Süden wohnen auch wichtige Kader der rechtsextremen Szene. Von zweien hat die Polizei vor Kurzem die Wohnungen durchsucht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie, weil sie Hassparolen an Hauswände gesprüht und Fotos davon im Internet veröffentlicht haben sollen. Einer der beiden ist der 25-jährige Sebastian Thom aus Rudow, Bezirkschef der NPD und Mitglied im NPD-Landesvorstand. Er muss sich zudem demnächst vor Gericht verantworten, die Anklage lautet „schwere Körperverletzung“. Im August 2011 wurde er fotografiert, als er gerade Wahlplakate aufhängte. Daraufhin soll er einen Begleiter aufgefordert haben, dem Fotografen Reizgas ins Gesicht zu sprühen, was der auch tat. Die Opferberatung ReachOut hat für das Jahr 2011 in Neukölln 15 Angriffe aus rechtsextremer, rassistischer, antisemitischer oder homophober Motivation gezählt – vor zwei Jahren waren es noch halb so viele. Unter anderem wurden auf ein Jugendzentrum der „Falken“ Brandanschläge verübt.

Die NPD will in Neukölln nun offenbar – wie schon im Wahlkampf – auch auf der Straße Präsenz zeigen. Der Landesvorstand der Partei wurde im Januar neu gewählt, laut Verfassungsschutz war es ein misslungener Start. Öffentlichkeitswirksame Aktionen seien bisher ausgeblieben, heißt es in einer Analyse von Ende März. Zuletzt hatte die NPD am 22. März auf dem Potsdamer Platz demonstriert. Es kamen rund 50 Nazis. SEBASTIAN ERB