berliner szenen: Wie Disneyland auf LSD
Es ist ein selten ruhiges Wochenende und ich freue mich auf die Premiere von A., der nachmittags in Rummelsburg liest und mich auf die Gästeliste gesetzt hat. Schön, so ein ruhiger sonntäglicher Ausflug, und ich frage L., ob er mitkommen will. „Ein bisschen ans Wasser“, schreibe ich und er schickt ein Schiff und schreibt, Ruhe ist grad genau richtig, bin dabei.
Wir treffen uns am Ostkreuz, laufen zu der Adresse und bleiben vor einem Club stehen, der aussieht wie ein großes Zirkuszelt. „Na, hier kann es ja wohl nicht sein“, sagt L. und lacht. Ich betrachte eine ältere Frau mit Brille neben leicht bekleideten Menschen mit Sonnenbrillen und witzigen Outfits und bin irgendwie neben mir. An der Tür fragt eine Frau mit pinkfarbenen Haaren und einer getönten Brille, wie es uns geht. „Ja, also“, sage ich verwirrt. „Wir sind hier zu einer Lesung. Ist das richtig?“ Sie nickt und bittet uns, unsere Handys abzukleben. Nach der Taschenkontrolle, bei der mein abgefülltes Handdesinfektionszeug betrachtet und mir sehr viel Spaß gewünscht wird, stolpern wir über den Strand auf eine Bühne zu.
L. sieht sich um und sagt irgendwie erschüttert: „Wie Disneyland auf LSD.“ Ich stammle: „Ehrlich, ich hatte wirklich keine Ahnung.“ „Ja ja“, sagt L. und glaubt mir nicht. Ich sehe A. auf einer Bühne, wir setzen uns in den Sand und hören neben wummernden Bässen Geschichten über den Sommer einer Jugend mit Schlangen, Punk, Mutproben und der ersten Liebe. Irgendwie passt das hier hin, finde ich.
Später trinken wir Bier und beobachten Menschen mit lächelnden Gesichtern und glasigen Augen, die selbstvergessen tanzen. Wir sind stumm, bis L. sagt: „Ey, wenn du mich mal zu einem ruhigen Ausflug einlädst, landen wir natürlich in’nem Club, wo alle seit Freitagabend feiern bis der Arzt kommt. War so klar.“
Isobel Markus
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