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Archiv-Artikel

Jenseits von Hollywood

FILM-FESTIVAL Abseits der US-Filmindustrie entstehen weiter nördlich ambitionierte, lokal erzählte Filme. Zum vierten Mal zeigt das „Maple Movies“-Festival aktuelle Spielfilme aus Kanada

Ahornsirup wird nicht über die Filmhandlung gegossen, sondern über Pfannkuchen

VON GASTON KIRSCHE

Natürlich bekommt man auch Ahorn zu sehen. Im Vordergrund stehen aber beim vierten „Maple Movies“-Festival des kanadischen Films, das ab Dienstag zwei Wochen lang im Metropolis gefeiert wird, existentielle Krisen, unerwartete Herausforderungen oder erste Liebeserfahrungen. Nicht nur geografisch liegen die gezeigten Filme dabei jenseits von Hollywood: Der kanadische Autorenfilm entwickelt sich im Windschatten der US-Filmindustrie, die übermächtige Konkurrenz lässt Filmschaffende in die Nische kleinerer, ambitionierter, lokal erzählter Filme ausweichen. Internationale Kassenschlager werden die nicht – Ahornsirup wird hier nicht über die Filmhandlung gegossen, sondern über Pfannkuchen –, warten dafür aber mit sensiblen Erzählungen auf.

15 Jahre ist etwa Élise in „Maman est chez le coiffeur“. Sie wächst in den 60ern in einer Einzelhaussiedlung in Québec auf. Mama ist Journalistin, arbeitet viel zu Hause und macht die Hausarbeit. Zufällig bekommt Élise eines Tages mit, wie ihr Vater am Telefon flirtet. Sie drückt der Mutter den zweiten Telefonhörer in die Hand, mit dem sie aus der Küche mithört – und erbleicht. Fassungslos gibt sie Élise eine Ohrfeige. Sie trennt sich von ihrem Mann – der sich in einen anderen Mann verliebt hat – und wird Korrespondentin in London. Die Kinder bleiben beim Vater zurück. Der aber will seine Rolle nicht ändern, weiter Vollzeit als Mikrobiologe arbeiten: Abends gibt’s Pizza vom Lieferservice, für den Tag sucht er ein Kindermädchen. Die Kinder versuchen derweil mit der Trennung klarzukommen: Benoit haut mit dem Kopf gegen die Wand, Élise kümmert sich um ihn. Bis zum Sommer noch dachte sie, alle seien glücklich – nun merkt sie, wie viele um sie herum Probleme und Sorgen haben.

In „Breakfast with Scot“ wiederum leben Eric, ein tougher, ehemaliger Eishockeyspieler und Sam, ein Sportanwalt, als Paar zusammen. Als die Mutter des 11-jährigen Scot stirbt, wird Sam der Sorgeberechtigte – jedenfalls so lange, bis dessen eigentlicher Erziehungsberechtigter aus Brasilien wieder auftaucht. Eric ist entgeistert, für ein Kind will er sein Leben nicht ändern, ihm graust davor, dass Scot alles durcheinander bringen könnte. Und genau so kommt es. Als Scot beginnt, sich weiblich anzuziehen und mit den Kosmetiksachen seiner verstorbenen Mutter zu schminken, bekommt Eric ein Problem: Er verschweigt, dass er schwul ist, der Junge, für den er sorgt, wird schwulenfeindlich beschimpft.

Dann taucht der eigentliche Erziehungsberechtigte auf – Eric merkt, wie sehr er mittlerweile an Scot hängt. Der Ziehsohn wiederum hat sich längst von Erics Eishockeybegeisterung mitreißen lassen. Auf der Straße übt er mit Feldhockeybällen gegen ein Garagentor zu schlenzen. Der Eishockeyverein von Toronto, die berühmten „Maple Leafs“, hat den Film übrigens offiziell unterstützt und einmalige Bilder aus dem Stadion beigesteuert. Bei den Lesbisch-Schwulen Filmtagen hat „Breakfast with Scot“ letztes Jahr den Globola Award gewonnen. Zu recht.

■ Di, 25. 8., Metropolis, Steindamm 54. Alle Filme laufen in englischer oder französischer Originalfassung – letztere mit englischen Untertiteln. Das Programm und Infos gibt’s unter www.metropolis-hamburg.de