: Auch die Türkei plant ein Agentengesetz
Mithilfe eines neuen Gesetzes soll gegen „ausländische Interessen“ vorgegangen werden
In der Türkei ist ein Gesetzesentwurf vorgelegt worden, der – ähnlich wie in Russland und Georgien – die Inhaftierung von Journalisten und Wissenschaftlern vorsieht, die für ausländische „Interessen“ arbeiten. Die vorgeschlagene Änderung des türkischen Strafgesetzbuches sieht Haftstrafen von drei bis sieben Jahren vor, wie aus dem Text hervorgeht. „Erdoğans Regierung untergräbt damit weiter die Meinungs- und Pressefreiheit“, kritisierte die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen.
Der Gesetzentwurf gilt für „jede Person, die im Auftrag oder im strategischen Interesse einer ausländischen Organisation oder eines ausländischen Staates Nachforschungen über (türkische) Staatsbürger oder Institutionen anstellt oder anordnet, um gegen die Sicherheit oder die politischen, inneren oder äußeren Interessen des Staates zu handeln“. Die rechtsextreme Partei MHP, die mit der islamisch-nationalen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan verbunden ist, erklärte, der Gesetzentwurf umfasse Bereiche von Wirtschaft und Finanzen über die Armee, Kultur und Kommunikation bis hin zu Transport oder Energie.
Der Journalist der türkischen Tageszeitung Cumhuriyet, Emre Kongar, bezeichnete den Gesetzesvorschlag im Onlinedienst X als „Hexenjagd“. Die Medienrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen warnte, der Text scheine keine „Leitplanken zur Verhinderung von Rechtsmissbrauch“ zu enthalten. Der Gesetzentwurf „bedroht jeden Journalisten mit Gefängnis, der für eine Medienorganisation arbeitet, die von internationalen Geldern abhängig ist“, warnte die Organisation weiter.
Im Nachbarland Georgien kommt es seit mehreren Wochen zu Massenprotesten, weil die dortige Regierung ein Gesetz vorgelegt und zuletzt auch im Parlament durchgesetzt hat, das aus dem Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen als „ausländisch beeinflusst“ einstuft. Die Demonstranten erklärten, dies erinnere an die Gesetze, die in Russland unter Kreml-Chef Wladimir Putin zur Unterdrückung abweichender Meinungen eingesetzt werden. (afp)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen