Schweigegeldprozess gegen Donald Trump: Der Kronzeuge packt aus
Ex-Anwalt Michael Cohen bestätigt vor Gericht, Trump habe ihn 2016 zur Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels angewiesen.
„Alles benötigte Mister Trumps Zustimmung“, sagte Cohen, der für mehr als fünf Stunden im Zeugenstand Rede und Antwort stand.
Cohen bestätigte, dass er es war, der die Schweigegeldzahlung von 130.000 US-Dollar an Daniels aushandelte und vollzog. Mit der Zahlung wollte Trump laut Cohen sichergehen, dass während des Wahlkampfs im Jahr 2016 keine Artikel und Beiträge über seine angebliche außereheliche Affäre mit der Pornodarstellerin an die Öffentlichkeit gelangen.
Der 57-jährige Cohen erklärte in diesem Zusammenhang auch, dass er zunächst versuchte, Daniels so lange wie möglich hinzuhalten, denn nach der Wahl hätte die Geschichte über die angebliche Affäre an Bedeutung verloren und man hätte sich das Geld sparen können. So weit ist es aber nicht gekommen: „Ich musste es über die Bühne bringen. Es wäre eine Katastrophe für die Wahlkampfkampagne gewesen.“
Alle negativen Storys mussten verschwinden
Cohen, der unter anderem wegen Verstößen gegen Wahlkampf-Finanz-Gesetze im Jahr 2018 zu drei Jahren Haft verurteilt worden war, erklärte, dass er gern für Trump gearbeitet habe und es sich wie ein Familienbetrieb angefühlt habe. Seit seiner Verurteilung und späteren Entlassung im November 2021 haben die beiden ehemaligen Vertrauten kein gutes Haar am jeweils anderen gelassen.
Für die Staatsanwaltschaft war Cohens erster Tag im Zeugenstand ein Erfolg. So zumindest beurteilte der ehemalige stellvertretende New Yorker Generalstaatsanwalt Adam Pollock das Geschehen vor Gericht. „Michael Cohen war ein viel besserer Zeuge, als irgendjemand von ihm erwartet hätte, und er hat wirklich dazu beigetragen, einige wichtige Teile der Geschichte zusammenzubringen. […] Er ist es auch, der zum ersten Mal Trump direkt mit dem Vertuschungsversuch in Verbindung bringt“, sagte Pollock im Gespräch mit der taz.
Cohen beschrieb in seinen Aussagen, dass Trump jegliche negativen Geschichten über sich selbst mit Blick auf die Wahl 2016 verschwinden lassen wollte. Dies bestätigt die Annahme der Anklage, dass die Schweigegeldzahlung an Daniels und die damit zusammenhängende Fälschung von Geschäftsunterlagen Teil eines Versuchs waren, die Wahl unerlaubt zu beeinflussen.
Auch eine zweite Schweigegeldzahlung an ein ehemaliges Playboy-Model, Karen McDougal, kam zur Erwähnung. McDougal behauptet ebenfalls, mit Trump eine Affäre gehabt zu haben. Laut Cohen soll Trump ihm gesagt haben: „Stell sicher, dass das nicht an die Öffentlichkeit gerät.“ Mit einer Zahlung von 150.000 US-Dollar soll auch diese Story aus dem Weg geräumt worden sein. „Was ich getan habe, war auf Anweisung und zum Vorteil von Mister Trump“, sagte Cohen.
Der Prozess geht in seine letzte Phase
Trump bestreitet weiterhin beide angebliche Affären, und auch mit der ihm vorgeworfenen Fälschung von Geschäftsunterlagen will er nichts zu tun haben. Angeklagt ist der Ex-Präsident in 34 Anklagepunkten.
Laut den Darstellungen seines ehemaligen Vertrauten war Trump allerdings ein Mann, der sehr involviert war in die täglichen Geschehnisse und Abläufe in der Trump-Organisation. Seine Tür soll immer offen gestanden haben, damit andere leitende Akteure im Unternehmen ihn jederzeit über Entwicklungen informierten konnten.
Cohen erwies sich als die von der Staatsanwaltschaft erwartete Schlüsselfigur im Fall. Doch ob dies reichen wird, um die Juroren am Ende von Trumps Schuld zu überzeugen, bleibt abzuwarten.
Einen ersten Vorgeschmack, wie Trumps Verteidigung in den nächsten Tagen versuchen wird, Cohen im Kreuzverhör zu diskreditieren, gab es ebenfalls von Pollock: „Ich denke, dass die Verteidigung wirklich versuchen wird, ihn nicht nur als verurteilten und eingestandenen Lügner zu identifizieren, sondern auch als jemanden, der ein Motiv hat. Es gibt hunderte von Videos auf Tiktok und ein Buch, in denen er seine eigene Abneigung gegenüber Donald Trump zum Ausdruck bringt. Und sie werden versuchen zu sagen, dass er hier nur eine weitere Geschichte erfindet.“
Mit Cohens Auftritt neigt sich der Prozess nach mehreren Wochen langsam seinem Ende zu. In den kommenden Tagen wird sich die Verteidigung Cohen widmen, bevor die zwölfköpfige Jury über Trumps Schuld oder Unschuld urteilen muss. Wie sich der Prozess und eine mögliche Verurteilung auf Trumps Wiederwahlchancen auswirken, ist angesichts der großen Loyalität seiner Anhänger schwer einzuschätzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei