Uni besetzt, Frosch abgesprungen

Die AfD in Saalfeld-Rudolstadt zerlegt sich. Studierende besetzen wegen des Rechtsrucks die Uni

Von Gareth Joswig

Der Hörsaal 4 der Universität Jena ist seit Montagnachmittag besetzt. Das Bündnis Rechtsruck Stoppen hält seit einer Demo am Nachmittag hier eine „ständige Versammlung“ ab, um nach den AfD-Wahlerfolgen einen Ort für antifaschistische Vernetzung zu schaffen – „gegen die rechtsextreme Landnahme“, wie das Bündnis auf Social Media schreibt.

Die rechtsextremen Wahlerfolge seien eine Gefahr für die Universität als Ort des freien Forschens – man wolle auch gemeinsam mit der Hochschulleitung in den Dialog treten, um gemeinsam Strategien gegen den Rechtsruck auszuarbeiten. Die Nutzung sei friedlich und es gebe Absprachen mit der Hochschulleitung.

Tatsächlich gibt es dafür allen Anlass: Denn wie verfestigt rechtsextremes Gedankengut in Teilen der Wählerschaft Thüringens ist, kann man nicht nur in vielen relativen AfD-Kreistagsmehrheiten und neun Stichwahlen ablesen, in welche die extrem rechte AfD bei der Thüringer Kommunalwahl am Sonntag zumeist als Zweitplatzierte gekommen ist. Sondern ganz besonders auch im Landkreis Hildburghausen, wo es sogar der offene Neonazi Tommy Frenck in die Stichwahl zum Landrat geschafft hat. Frenck ist bekannt für Hitler-Shirts und verkauft in seiner Gaststätte in Kloster Veßra an Adolf Hitlers Geburtstag Schnitzel für 8,88 Euro. Im Landkreis kam er damit auf 24,9 Prozent. Damit steht ein Verfassungsfeind in der Stichwahl am 9. Juni gegen einen Kandidaten der Freien Wähler, Sven Gregor.

Ein Nachspiel haben die Kommunalwahlen auch für die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag. Der Abgeordnete Karlheinz Frosch verkündete am Montag seinen Austritt aus Partei und Fraktion. Er begründete das mit Höckes alleinigem Führungsanspruch. „Höcke ist gernegroß, er ist ein Machtmensch. Andere Meinungen beißt er weg“, schimpfte Frosch auf dem Sprung nach draußen. „Das System Höcke darf keine Risse bekommen. Die können mit starken Leuten nicht umgehen. Für den rechtsradikalen Teil der Partei ist Höcke wie ein Gottvater.“

Die Kandidatenaufstellung in Saalfeld-Rudolstadt hatte einen parteiinternen Machtkampf ausgelöst. Höcke passte die regulär im Herbst 2023 aufgestellte AfD-Liste von Frosch personell nicht, drei Mal klagte er erfolglos dagegen. Dann ließ er seine Leute mit einer eigenen Liste antreten, die „Alternative für den Landkreis“, überzog die unliebsamen Abtrünnigen mit Parteiausschlussverfahren und entzog ihnen die Mitgliedsrechte.

Die Frosch-Fraktion quakte zurück, nannte Höcke einen „Narzissten“, der mit demokratischen Gepflogenheiten wenig am Hut habe. „Nicht wir müssen aus der Partei geworfen werden – wenn dann er.“ Höcke umgebe sich mit Ja-Sagern, „die morgens mit Bier an der Tankstelle stehen“, schimpften die Kandidaten.

Am Ende nahmen sich beide Listen bei der Wahl im Landkreis gegenseitig die Stimmen weg – allerdings mit dem schlechteren Ende für den Landesvorsitzenden Höcke. Die offizielle AfD-Liste von Frosch kam auf 18,5 Prozent und 9 Sitze im Kreistag, die Höckeliste auf 13,7 Prozent und 6 Sitze. Gegen Höcke trat Frosch nach: Das Ergebnis der Kommunalwahl sei „eine absolute Niederlage für Höcke“, der sein ganzes Gewicht reingelegt und doch verloren habe.