: Zweite Miete unter der Lupe
Berater des Mietervereins entdecken massenhaft Fehler in Nebenkosten-Abrechnungen. Wohnungsmieter zahlen für Gewerberäume mit, für Hausmeister, die es nicht gibt, und für Fahrstühle, die siebenmal im Jahr „gewartet“ werden
von Gernot Knödler
Jede zweite Nebenkostenabrechnung ist falsch, schätzt der Mieterverein zu Hamburg. Bei etwa jeder vierten Beratung würden Fehler zu Lasten der Mieter festgestellt, schätzt dessen Vorsitzender Eckard Pahlke. Weil die Bedeutung der „zweiten Miete“ zugenommen habe, wiege das Übervorteilen der Mieter hier umso schwerer. „In den meisten Fällen ist das gar nicht mal Absicht“, konzediert Pahlke. Es empfehle sich daher, auch bei seriösen Vermietern, die Abrechnung zu überprüfen.
Neben Heizung und Warmwasser können nach der Betriebskostenverordnung 14 Arten von Nebenkosten abgerechnet werden: Grundsteuer, Wasser, Abwasser, Fahrstühle, Straßenreinigung und Müllabfuhr, Hausreinigung und Ungezieferbekämpfung, Gartenpflege, Beleuchtung, Schornsteinreinigung, Versicherungen, der Hauswart, Gemeinschaftsantenne oder Kabelanschluss, Gemeinschaftswaschküchen und sonstige Kosten wie eine Sauna im Haus. Abgerechnet werden immer zwölf Monate. Ein Jahr nach dem Ende der Abrechnungsperiode muss die Rechnung eingetrudelt sein.
Wie Pahlke berichtet, wurden die Mitglieder des Mietervereins bei einzelnen dieser Positionen von eklatanten Kostensteigerungen überrascht. In Wilhelmsburg zum Beispiel sollten Mieter von einem Jahr aufs andere 1.730 Prozent mehr für einen Hausmeister bezahlen, der nie gesichtet wurde. In Langenhorn rutschten vier Abrechnungen für die Gartenpflege aus dem Jahr 2002 noch einmal in die Rechnung für 2003. Im Bessemerweg in Altona verlangte ein Vermieter plötzlich das Siebenfache für Versicherungen.
Bei Fahrstühlen passiert es bisweilen, dass der Reparaturanteil nicht von den Wartungskosten getrennt wird. Nur die Wartung darf berechnet werden. Bei einem Fall in der Eimsbütteler Chaussee, wo der Fahrstuhl siebenmal in einem Jahr „gewartet“ wurde, vermuten die Mieterschützer ähnliches. Es könne sich nur um ständige Reparaturen an einem maroden Aufzug handeln, findet Pahlke.
Sehr gewundert hat sich der Vereinsvorsitzende auch über den Hausmeister, der 14 Stunden pro Woche braucht, um die Mülleimer eines Eingangs rauszustellen und die Müllboxen zu reinigen.
„Die Vermieter behaupten immer, sie hätten selbst ein Interesse, die Nebenkosten niedrig zu halten“, sagt Pahlke. Die Praxis sehe leider anders aus. Er appelliert daher vor allem an die großen Wohnungsunternehmen, bei den Betriebskosten sparsam zu wirtschaften, wie es gesetzlich vorgeschrieben sei. Lasse die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt einmal nach, komme ihnen das zugute.
Um ein realistischeres Bild vom Wohnungsmarkt zu erhalten, fordert der Mieterverein seit längerem einen Mietenspiegel, der sich an der Bruttokalt- statt an der Nettokaltmiete orientiert. Denn die Nebenkosten sind in den vergangenen Jahrzehnten viel stärker gestiegen als die Miete. Nach einer Datensammlung des Grundeigentümerverbandes stiegen die Nebenkosten zwischen 1982 und 2004 um 145 Prozent. Die Miete im frei finanzierten Wohnungsbau hat sich dagegen laut Mietenspiegel nur etwas mehr als verdoppelt (plus 107 Prozent).
Der Mieterverein zu Hamburg will jetzt selbst einen Betriebskostenspiegel erstellen. Er bittet daher um Zusendung von Nebenkostenabrechnungen an seine Adresse Glockengießer Wall 2, in 20095 Hamburg. Einsender bekommen den Betriebskostenspiegel dann zugeschickt.