EU lockert Umweltschutz

Beim Treffen der EU-Agrarminister werden weitere Vorgaben für die Landwirtschaft aufgeweicht. Bauern protestieren erneut in Brüssel

Aus Brüssel Eric Bonse

Die EU weicht vor wütenden Bauern zurück und beginnt, wichtige Umweltauflagen für die Landwirtschaft zu lockern. Die 27 EU-Agrarminister sprachen sich am Dienstag in Brüssel mehrheitlich dafür aus, ein ganzes Bündel an Maßnahmen im Eilverfahren umzusetzen. So sollen die Vorgaben für Brachflächen und Fruchtfolgen aufgeweicht werden. Die Bauernproteste gingen dennoch weiter.

Im Brüsseler Europaviertel fuhren rund 250 Traktoren auf. Einige empörte Landwirte errichteten Barrikaden aus Strohballen, die angezündet wurden. Die Polizei setzte daraufhin Wasserwerfer ein. Es war bereits das dritte Mal, dass die Bauern in der belgischen Hauptstadt demonstrieren. Auch in anderen EU-Ländern wie Polen kommt es weiter zu Protesten.

Die Agrarminister reagieren darauf mit weitreichenden Zugeständnissen. Zunächst kündigten sie Bürokratieabbau und den Erhalt von Steuerprivilegien etwa beim Agrardiesel an. Nun – rund zwei Monate vor der Europawahl Anfang Juni – geht es an die Substanz. So sollen die ökologisch wichtigen EU-Regeln für Brachflächen und Fruchtfolgen ausgesetzt werden.

Bisher sind die Bauern dazu verpflichtet, einen Teil ihrer Ackerfläche brach zu legen. Die EU-Kommission hat jedoch vorgeschlagen, mehr Flexibilität walten zu lassen. Demnach sollen Bauern künftig selbst entscheiden, ob sie der EU-Vorgabe folgen.

Die Agrarminister wollen dieses Zugeständnis nun schnell umsetzen – möglichst noch vor der Europawahl. Zuvor braucht es allerdings noch grünes Licht aus dem Europaparlament. Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Norbert Lins (CDU), signalisierte Zustimmung. Bundes-landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte dagegen die geplanten Lockerungen. „Maß und Mitte – das könnte in Brüssel gerne noch gestärkt werden“, sagte er.

Derweil radikalisiert sich die Bauernbewegung weiter. Bei der Demo in Brüssel wurde auch ein Einfuhrstopp für billiges Getreide aus der Ukraine und das Aus für das geplante Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten gefordert. Die EU setze ihre Bauern einer unfairen Konkurrenz aus, hieß es. Am Nachmittag schlugen die Proteste teilweise in Gewalt um.