: Wenn sich Gesichtstattoos vor Freude kräuseln
Die U-Bahn rumpelt vor sich hin. Ein Rhythmus aus Bremsen, Anfahren, Warten. „Treten Sie zurück“, leiert die Ansage von draußen. Im letzten Moment schiebt sich ein Mann zwischen den Türen in den Waggon. Groß, um die fünfzig. Die Augen eingerahmt von blauen Flammen: ein Gesichtstattoo.
Die Tinte ist schon halb verblasst, doch immer noch sichtbar. Ein Relikt rebellischer Zeiten? Sich für diese Platzierung solch permanenter Körperkunst zu entscheiden, zeugt jedenfalls von einer gewissen Angstlosigkeit.
Seine schwere Lederjacke zieht die Schultern gleich mit nach unten. Er muss einer von der harten Sorte sein. Einer, den man nicht provozieren will. Der Mann entdeckt einen freien Platz und lässt sich darauf fallen. Erst einmal sitzen. Schließlich zieht er etwas unter seiner Jacke hervor. Ein Heft mit großem Schriftzug. Vorne drauf eine Ente in einem roten Auto. Er schlägt das Lustige Taschenbuch da auf, wo er seine Lektüre unterbrochen hatte.
U-Bahn Hamburg
93 Stationen.
Seit 1912 ist in Hamburg die U-Bahn unterwegs, gefahren wird auf 106 Kilometern Streckenlänge. Es ist damit das zweitälteste und zweitlängste U-Bahn-Netz Deutschlands nach der Berliner U-Bahn.
Wer über seine Schulter linst, sieht: eine Geschichte mit dem Fähnlein Fieselschweif. Der Mann schmunzelt, die Flammen kräuseln sich. In St. Pauli steigt er aus. Clara Dünkler
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