Eishockeyteam mit Ambitionen: Ganz schön fishy, die Burschen

Die Bremerhaven Pinguins wollen den Meistertitel im Eishockey gewinnen. Dabei ist den Fischtown-Boys fast jedes Mittel recht.

Jan Urbas während einem Spiel. Er trägt ein rotes Trikot und einen Orangenen Helm. Seine linke Hand, in Handschuh, hat er erhoben. Im Hintergrund Publikum und ien weiterer Spieler auf demEis.

Teil des „Karawanken-Express“: Jan Urbas aus Slowenien Foto: Imago

Der Eishockeyverein, der sich in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) kurz vor den Play-offs mit den Eisbären Berlin um die Tabellenführung streitet, nennt sich Fischtown Pinguins Bremerhaven – und zwar genauso geschrieben. Fisch auf Deutsch, Town auf Englisch. Und nicht Pinguine, sondern Pinguins, weil der Plural auf Plattdeutsch so gebildet wird.

Wer sich mit der Liga befasst, hat sich an die orthografischen Capricen der Norddeutschen längst gewöhnt, denn sie sind seit 2016 in der DEL dabei, kamen als Nachfolger der Hamburg Freezers dazu. Sie haben sich seither gut geschlagen, zweimal waren sie Tabellensechster und kamen insgesamt sechs Mal bis ins Play-off-Viertelfinale.

In der Saison 2023/24 sind die Fischtown Pinguins nun sogar das Sensationsteam des Jahres, eine Mannschaft, die eine so überzeugende Hauptrunde gespielt hat, dass die Fans, im Schnitt sind es knapp 4.500 in der Eisarena der Küstenstadt, von der deutschen Meisterschaft träumen. Und auch andere trauen den Pinguins viel zu. Liga-Chef Gernot Tripcke sagte unlängst: „Bremerhaven ist auf jeden Fall ein heißer Kandidat.“

Der frühere Nationalspieler Kai Hospelt, der die Spiele im TV kommentiert, präzisierte: „Ich sehe auch wirklich Bremerhaven vorn. Das ist eine gute Mannschaft, die in den vergangenen Jahren Lehrgeld in den Play-offs bezahlt und sich weiterentwickelt hat. Bremerhaven hat in der Saison außerdem oft schon nach Rückständen gewonnen. Das sind Sachen, die man in den Play-offs braucht.“

Des Trainers bewegte Vita

Was ist der Schlüssel für den Erfolg des Vereins? Geld kann es nicht sein, Bremerhaven hat einen der niedrigsten Etats der Liga. Eher sind es wohl die sportlichen Leiter, die den Klub mit Fantasie und Beharrlichkeit nach vorn gebracht haben. Da ist zum einen Trainer Thomas Popiesch (58), seit 2016 im Amt; schon 2023 wurde er als DEL-Coach des Jahres ausgezeichnet.

Der gebürtige Ostberliner, der beim SC Dynamo mit dem Eishockey begann, hat eine bewegte Vita. Als 17-Jähriger wurde er nach missglückter Flucht aus der DDR zu 4 Jahren Haft verurteilt, die er in Hohenschönhausen und Bautzen absaß. 1989 glückte ihm die Flucht über Ungarn. Zwischen 1990 und 2006 spielte er für verschiedene westdeutsche Vereine – von Krefeld bis Frankfurt. Er wurde Trainer – und fand schließlich in Bremerhaven den Job seines Lebens. „Wir werden nicht mehr unterschätzt“, sagte er vor Kurzem stolz.

Der andere Mann, der für den Aufschwung steht, ist Manager Alfred Prey, gerade 70 Jahre alt geworden. Seit 32 Jahren ist er in verschiedenen Funktionen für den Verein und seine Vorgängervarianten tätig ist. Prey ist darauf spezialisiert, unbekannte und somit preisgünstige Profis zu verpflichten. Bevorzugt aus Österreich, Slowenien oder Dänemark, wohingegen die Konkurrenz meist in Nordamerika oder anderen europäischen Top-Ligen, etwa Schweden oder Finnland, einkauft. Bremerhaven kann das torgefährliche Slowenen-Sturmtrio, bestehend aus Jan Urbas, Žiga Jeglič sowie Miha Verlič aufbieten – Karawanken-Express genannt, nach einem Gebirge in der Heimat der Spieler.

Im Klub spielen nur sechs Profis nordamerikanischer Provenienz, aber insgesamt 18, die mit dem Eishockey in anderen Ländern begonnen haben. Und hier kommt die Finte der Pinguins, auch ein Schlüssel zum Erfolg, wenn auch ein umstrittener: In der DEL darf jede Mannschaft nur elf ausländische Spieler im Kader haben und neun pro Partie einsetzen. Dazu hat sich die Liga selbst verpflichtet, damit einheimische Spieler und der Nachwuchs nicht zu kurz kommen.

Viel Bewegung in Bremerhaven

Da Bremerhaven offenbar einen guten Draht zu den lokalen Ämtern hat und sehr findig ist, wenn es darum geht, deutsche Vorfahren seiner Spieler aufzuspüren, werden die Profis dort schneller als anderswo eingebürgert. So kann der Verein das Ausländerkontingent einhalten. Das finden nicht alle gut. Die Konkurrenz murrt immer mal wieder darüber, das Berliner Regionalblatt Tagesspiegel spottete in diesem Zusammenhang: „Bremerhaven oder der kurze Weg zum Bürgeramt“.

Da es bei der Ausländerregel in der DEL aber allein um die Staatsangehörigkeit geht – und nicht etwa darum, welche Nachwuchsteams ein Eishockeyspieler wo durchlaufen hat, ist der Trick der plattdeutschen Pinguine legal.

Wie auch immer es in den Play-offs, die am 16. März starten, nun mit den Pinguins weitergeht – in Bremerhaven wird sich bald einiges ändern. Popiesch wird den Verein verlassen und, wie zu hören ist, nach Krefeld wechseln, in die DEL2, aus familiären Gründen. Sein Nachfolger wird wohl der frühere NHL-Profi Alexander Sulzer (39) werden, der seit 2022 Popieschs Assistenzcoach ist. Und auch Prey will aufhören, als sein Nachfolger steht Sebastian Furchner (41) bereit, ein früherer Nationalspieler und ehemaliger Profi in Bremerhaven zu Zweitligazeiten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.