Chaos wegen Polizeistreiks

In Papua-Neuguinea führen Plünderungen zu etlichen Toten. Die Regierung verhängt den Notstand

Von Sven Hansen

Papua-Neuguineas Premier James Marape hat am Donnerstag den Notstand über den Pazifikstaat nördlich von Australien verhängt. Das meldete der aus­tralische Sender ABC. Mit dieser Maßnahme und dem Einsatz der Armee will Marape Plünderungen eindämmen, die am Vortag in der Hauptstadt Port Moresby und der Stadt Lae begonnen hatten. Laut ABC gab es 16 Tote.

Auslöser war ein Streik von Polizisten und anderen Beamten. Sie hatten am Mittwoch vor dem Parlament gegen mutmaßliche Gehaltskürzungen demonstriert. Denn die jüngsten Gehaltszahlungen waren zum Teil nur noch halb so hoch wie bisher. Später erklärte die Regierung, die geringen Auszahlungen beruhten auf einer Computerpanne. Sie solle mit der nächsten Gehaltsauszahlung korrigiert werden. Doch traf dies auf große Skepsis.

Der Streik der Polizei schuf ein Sicherheitsvakuum, das Teile der Bevölkerung zu Brandstiftungen und Plünderungen von Supermärkten und Geschäften nutzten. Videos zeigten jeweils hunderte Menschen aller Altersgruppen, die mit Kartons, Packungen und Flaschen aus aufgebrochenen Supermärkten flohen. Sie trugen ihre Beute bis hin zu Waschmaschinen oft triumphierend davon. Manche kamen in der Nacht sogar mit dem Auto. Andere setzten Autos, Geschäfte und ein Einkaufszen­trum in Brand.

„Totale Anarchie“

Augenzeugen sprachen laut Agenturen von „totaler Anarchie“. Das Lokalblatt PNG Post-Courier sprach vom „dunkelsten Tag unserer Stadt“. Über Port Moresby standen bis in die Nacht zum Donnerstag schwarze Rauchwolken. In mehreren Stadtteilen loderten große Brände. Zur Beendigung der Ausschreitungen setzte die Regierung schon am Mittwoch Soldaten ein. In Port Moresby starben bei den Plünderungen laut ABC neun Menschen durch Schüsse, in Lae sieben. Viele Personen erlitten Verbrennungen, Schnitt- oder Schusswunden.

Am Donnerstag setzte die Regierung eintausend Soldaten in der Hauptstadt ein, weitere 180 holte sie als Reserve. Viele Läden blieben geschlossen, die Stimmung war angespannt. Der Zusammenbruch der Sicherheit am Vortag löste eine Regierungskrise aus. Allein sechs Abgeordnete aus Marapes Regierungsfraktion der Pangu-Partei, der ältesten des Landes, warfen Marape am Donnerstag Zögerlichkeit und Versagen vor und legten ihre Ämter nieder.

„Treten Sie zurück, weil das Land unter Ihrer Führung zu einer Bananenrepublik wird“, forderte der bisherige Vizeplanungsminister James Nomane. Der seit 2019 amtierende Premier machte hingegen Polizisten für die Krise verantwortlich: „Disziplinlosigkeit der Polizei wird nicht geduldet“, sagte der 53-Jährige laut dem neuseeländischen Sender RNZ bei einer Pressekonferenz. Der Abgeordnete Keith Iduhu warf Marape hingegen vor, Beschwerden aus dem Sicherheitsapparat ignoriert zu haben. Marape profitiert bis Februar von einer Schonfrist, die ein Misstrauensvotum ausschließt. Danach dürfte es für ihn eng werden.

Chinas Botschaft forderte die Regierung zum Schutz von chinesischen Staatsbürgern und Geschäften auf sowie zur Verurteilung von Angreifern. Mehrere chinesische Geschäfte waren geplündert und chinesische Bürger verletzt worden. In dem Land mit 10 Millionen Einwohnern, das ein wichtiger Verbündeter Pekings im Pazifik ist, leben rund 20.000 chinesische Staatsbürger. Sorgen äußerten auch die US-Botschaft sowie Australiens Regierung.

Papua-Neuguineas Gesellschaft gilt als relativ gewalttätig. Berichten zufolge haben Gewalt und Kriminalität in dem rohstoffreichen Land mit weit verbreiteter Armut in letzter Zeit zugenommen, mutmaßlich auch durch wachsende wirtschaftliche und soziale Probleme.