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Trump vom Zettel streichen

Colorados Oberster Gerichtshof urteilt, Donald Trump dürfe nicht um die Präsidentschaft kandidieren

Von Bernd Pickert

In einem überraschenden Urteil hat der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaats Colorado am Dienstag entschieden, dass Ex-Präsident Donald Trump bei den Vorwahlen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024 nicht antreten dürfe. Trump habe sich rund um die Wahl 2020 an einem Aufstand beteiligt, sei daher gemäß dem 14. Verfassungszusatz Absatz 3 nicht mehr befugt, ein öffentliches Amt auszuüben, und dürfe daher auch nicht kandidieren.

Damit hoben die Rich­te­r*in­nen mit 4:3 Stimmen ein Urteil eines Bezirksgerichts auf. Richterin Sarah B. Wallace hatte zwar ebenfalls befunden, dass sich Trump der Teilnahme an einem Aufstand schuldig gemacht hatte. Aber, urteilte die Richterin, jener Absatz 3 des 14. Verfassungszusatzes, verabschiedet nach dem Bürgerkrieg, um ehemalige Konföderierte aus öffentlichen Ämtern fernzuhalten, finde zwar bei allen möglichen Staats­die­ne­r*in­nen Anwendung, nicht aber beim Präsidentenamt. Das sahen die Rich­te­r*in­nen des Obersten Gerichtshofs von Colorado nun anders.

Donald Trumps Anwälte werden nun den Weg zum Obersten Gerichtshof der USA gehen. Und der, so die Einschätzung der meisten von US-Medien befragten Rechtsexpert*innen, wird den Fall annehmen, ist er doch für das Wahljahr 2024 von nationaler Bedeutung.

Das wiederum bedeutet automatisch, dass Trump auch bei den republikanischen Vorwahlen in Colorado zunächst antreten kann. Denn das dortige Oberste Gericht setzte sein eigenes Urteil zunächst bis zum 4. Januar aus – und sollte bis dahin der Fall beim Obersten US-Gericht anhängig sein, weiter bis zu dessen endgültiger Entscheidung. Die aber wird Zeit brauchen.

Politisch haben Trump die vielen Verfahren, in die er verwickelt ist, bislang nicht geschadet. Und unmittelbar nach dem Urteil setzte Jim McLoughlin aus Trumps Wahlkampfteam auch schon den Ton: „Tatsache ist, dass das ein Haufen nicht gewählter linker Richter und die Klage einer von George Soros finanzierten Organisation waren, es ist verrückt,“ sagte McLoughlin. „Die amerikanische Bevölkerung hat einen großen Sinn für Fairness, und da kommen diese Leute, erzählen, dass Trump eine Gefahr für die Demokratie sei, und dann wollen sie ihn vom Wahlzettel streichen. Sie nehmen dem amerikanischen Volk das Recht zu entscheiden. Das wird nach hinten losgehen.“

Auch Trumps Kon­kur­ren­t*in­nen um die republikanische Nominierung verwahrten sich gegen das Urteil. Ex-UN-Botschafterin Nikki Haley sagte, es brauche keine Richter, sondern Wähler, um Trump zu schlagen. Floridas Gouverneur Ron DeSantis klagte Colorados Gericht des Machtmissbrauchs an. Der noch chancenlosere Vivek Ramaswamy forderte, in einem Akt der Solidarität sollten sich alle republikanischen Kandidaten in Colorado von der Liste streichen lassen, und selbst New Jerseys Ex-Gouverneur Chris Christie, der schärfste Trump-Kritiker im Kandidatenfeld, sagte, kein Gericht solle Donald Trump davon abhalten, Präsident zu werden.

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