Unterschiedlich interpretierbar

betr.: „Im Krankenhaus wartet schon die Polizei“, taz vom 25. 5. 05

Über den ausführlichen Artikel der taz haben wir uns gefreut. Leider hat sich ein folgenschwerer Fehler eingeschlichen. Sie berichten, „dass die PatientInnen der Ausländerbehörde gemeldet werden. Staatliche Krankenhäuser sind dazu verpflichtet.“

Leider kommt es vor, dass PatientInnen der Ausländerbehörde gemeldet werden. Staatliche Krankenhäuser seien zur Meldung verpflichtet, ist so pauschal allerdings nicht richtig. Die Rechtslage ist juristisch unterschiedlich interpretierbar. Dies kann im Einzelnen erhebliche Handlungsspielräume für medizinisches und Verwaltungspersonal beinhalten und für die betroffenen Patienten wiederum weit reichende Konsequenzen haben. Laut Aussage vom Berliner Innensenator Körting sind Verwaltungsangestellte der staatlichen Krankenhäuser zur Übermittlung von Daten an die Ausländerbehörde verpflichtet. Für die Verwaltungen medizinischer Einrichtungen in privater Trägerschaft, in Trägerschaft der Wohlfahrtsverbände und der Kirchen gelte die Pflicht zur Datenübermittlung nicht. Auch Ärzte, Ärztinnen und medizinisches Personal seien – und dies gilt unabhängig davon, ob sie in staatlichen oder privaten medizinischen Einrichtungen tätig sind – dazu nicht verpflichtet (Schreiben Körting vom 31. 7. 2003; vgl. www.joerg-alt.de/Recht/Bundeslaender/Berlin/berlin.html). Zudem steht der Weitergabe von Informationen vonseiten der Ärzteschaft schon die ärztliche Schweigepflicht entgegen. Darüber hinaus sind einem Rechtsgutachten von Fodor (2001) zufolge auch Verwaltungen von Häusern in kommunaler Trägerschaft nicht verpflichtet, Daten an die Polizei oder die Ausländerbehörde weiterzugeben. Krankenhausverwaltungen in kommunaler Trägerschaft sind zwar „öffentliche Stellen“, sie haben somit „ihnen bekannt gewordene Umstände“ mitzuteilen. Aber als „bekannt geworden“ gelten nur Informationen, deren Einholung zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben notwendig ist. Wenn im Zuge ihrer Aufgabenerfüllung – nämlich medizinische Hilfe zu leisten – nebenbei auch Erkenntnisse über den illegalen Aufenthalt gewonnen werden, dann sind dies im Sinne der obigen Definition keine „bekannt gewordene Umstände“ und müssen nicht mitgeteilt werden (Alt, J., Fodor, R.: „Rechtlos? Menschen ohne Papiere“. Loeper Literaturverlag, Karlsruhe 2001, S. 173 ff.). Da die rechtliche Situation kompliziert, umstritten und vielen Krankenhausangestellten unbekannt ist, hat das Büro für medizinische Flüchtlingshilfe Berlin gemeinsam mit der Malteser Migranten Medizin und mit Unterstützung der Berliner Ärztekammer ein Informationsfaltblatt für Klinikpersonal herausgegeben. Die Informationen, die auch Möglichkeiten der Kostenerstattung beinhalten, werden derzeit in Berliner Krankenhäusern ausgelegt und können zudem heruntergeladen werden unter: http://medibuero.de/papers/Faltblatt.pdf.

BÜRO FÜR MEDIZINISCHE FLÜCHTLINGSHILFE

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