Wohnungsbau und Umweltschutz: Flächenfraß auf der grünen Wiese
Die Ampel will, dass Gemeinden ohne viel Rücksicht auf die Natur Bauland schaffen können. Das schafft Wohnungen, wo niemand sie braucht.
Konkret befassen sich die Abgeordneten mit dem Paragrafen 13b des Baugesetzbuchs. Den hatte die Vorgängerregierung eingeführt, um schneller Wohnraum auf der grünen Wiese bauen zu können; im Sommer war er vom Bundesverwaltungsgericht für unwirksam erklärt worden.
Nun möchte die Bundesregierung dafür sorgen, dass Gemeinden trotzdem zwei weitere Jahre lang Baugebiete nach diesem Paragrafen ausweisen dürfen, wenn sie bis Ende letzten Jahres damit begonnen haben. Sie möchte ermöglichen, „begonnene Planverfahren geordnet zu Ende zu führen“, heißt es in der Beschlussvorlage, über die während der Anhörung beraten wird.
Was vernünftig klingt, leistet einem der großen Ressourcenprobleme hierzulande Vorschub: dem Flächenfraß. Der Paragraf 13b ermöglicht es nämlich, mit deutlich weniger Verwaltungsaufwand und Ausgleichsmaßnahmen Baugebiete auf Gebieten außerhalb von Ortschaften zu genehmigen – also auf den landwirtschaftlichen Flächen, die dringend benötigt und daher unbebaut bleiben sollten.
„Die Bundesregierung sorgt dafür, dass Wohnraum entsteht, wo gar keiner gebraucht wird“, sagt Stefan Petzold, der für den Naturschutzbund Nabu als Experte für die Grünen an der Anhörung teilnehmen wird. Gebaut würden flächenintensive Einfamilienhäuser auf dem Land statt Mehrfamilienhäuser in Ballungsgebieten, die in vielfacher Hinsicht sinnvoller wären, so Petzold.
Verfahren nicht konform mit EU-Recht
Es gehe nicht darum, Familien Grundstücke wegzunehmen, die sich zum Häuslebau entschieden hätten, sagt Petzold, „so weit sind die Verfahren noch nicht“. Allerdings hätten viele Gemeinden bis Ende vergangenen Jahres trotz Rechtsunsicherheiten noch Baugebiete nach dem beschleunigten Verfahren begonnen, welches sich inzwischen als nicht europarechtskonform herausgestellt hätte. „Es ist nicht richtig, dass sie diese Verfahren jetzt noch zu Ende bringen können“, so Petzold, „das macht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ja deutlich.“
Die Bundesregierung will den Flächenverbrauch bis 2030 auf weniger als 30 Hektar pro Tag senken; er geht zwar seit Jahren zurück, liegt aber laut Statistischem Bundesamt noch immer bei 55 Hektar 2022 – und ist in diesem Jahr wieder etwas gestiegen. Um landwirtschaftliche Flächen intakt zu lassen, sollen Kommunen eigentlich bevorzugt Brachflächen nutzen, Freiflächen und Baulücken innerhalb ihrer Siedlungsräume schließen sowie leer stehende Gebäude in Innenstädten und Dorfkernen nutzen, schreibt das Umweltbundesamt. Trotzdem planen viele Gemeinden noch immer mit Einfamilienhaussiedlungen auf der grünen Wiese – „das ist weder umwelt- noch verkehrs- oder energiepolitisch nachhaltig“, so Petzold.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen