das wird: „Lesen ist überall in der Welt“
In Bremen wird der „Vorlesemonitor“ vorgestellt und diskutiert
Interview Jonas Graeber
taz: Frau Ehmig, kommen Sie mit dem Vorlesemonitor nach Bremen, weil das Land im Lesekompetenz-Vergleich auf dem letzten Platz liegt?
Simone Ehmig: Ich finde es gut und wichtig, gerade in Bremen eine solche Veranstaltung zu machen. Wir können damit zeigen, wie stark Vorlesen dazu beitragen kann, Problemen in der Lesekompetenz zu begegnen. Die Arbeitnehmerkammer wendet sich mit dieser Veranstaltung gezielt an die Bremer Öffentlichkeit, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass frühe Vorlese-Impulse sich für Kinder auszahlen und ihre Entwicklungschancen verbessern können.
Wird Kindern heute überhaupt noch vorgelesen?
Mehr als 63 Prozent der von uns befragten Eltern gaben an, ihren Kindern regelmäßig vorzulesen, in etwas mehr als 36 Prozent der Familien passiert das selten bis nie. Ob vorgelesen wird, hängt neben dem formalen Bildungsgrad der Eltern auch sehr stark von ihren eigenen Erfahrungen ab: Eltern, denen als Kind vorgelesen wurde, lesen ihren Kindern häufiger vor. Wir versuchen mithilfe des Vorlesemonitors Risikofaktoren zu erkennen und zu verstehen, welche Gruppen besondere Unterstützung brauchen können.
Welchen Unterschied macht es für Kinder?
Vorlesen ist prägend für Sprachentwicklung, Wortschatzbildung und Ausdrucksfähigkeit von Kindern. Menschliches Handeln und Empfinden kann durch Geschichten gelernt werden. Die Forschung zeigt: Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wir, verfügen über stärkere Empathiefähigkeit. Sie lernen, sich in andere hineinzuversetzen, über ihr unmittelbares Umfeld hinaus. Und später erleichtert das Vorlesen den Kindern ihr eigenes Lesenlernen.
Studienvorstellung und Diskussion: heute, 15 Uhr, Bremen, Arbeitnehmerkammer. Anmeldung: ☎ 0421-36 30 19 82; anmeldung@arbeitnehmerkammer.de
Die Studie im Internet: www.stiftunglesen.de/ueber-uns/forschung/studien/vorlesemonitor
Die Studie erscheint jeweils zum bundesweiten Vorlesetag, an dem auch an Orten wie Supermärkten oder Tierparks vorgelesen wird. Wozu das?
Ich eröffne gerne Vorträge mit der Frage: „Wer von Ihnen hat heute schon gelesen?“ Da melden sich einige dann gar nicht, weil wir Lesen sofort mit Büchern, Zeitschriften, Literatur und Hochkultur assoziieren. Dabei lesen wir quasi ununterbrochen, auf Schildern, Infotafeln oder Bildschirmen. Lesen ist überall in der Welt! Deshalb mein Appell: Lesen soll bitte nicht nur auf Bücher und Literatur beschränkt sein. Auch und gerade im digitalen Raum braucht es Lesekompetenz – und auf die zahlt Vorlesen ein.
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