: SPD-Revolte fällt aus
NRW-Arbeitnehmerflügel plant doch keinen Kanzlersturz
Am Tag danach ist der Revoluzzer stumm geworden. Heinz-Werner Schuster, SPD-Arbeitnehmer und ver.di-Mann aus Düsseldorf, ging gestern nicht an sein Mobiltelefon. „Nein, mein Vater ist nicht zu sprechen“, sagte Schusters Sohnemann, der seinen Papa am Handy vertrat. Bild, Chemnitzer Freie Presse und Nachrichtenagenturen hatten ein Schuster-Zitat verbreitet: „Schröder treibt die Partei in den Ruin.“ Am 26. Juni wolle die sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in Berlin diskutieren, ob man einen neuen SPD-Kanzlerkandidaten aufstellen werde, hieß es. Eine Revolte gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder? Und Heinz-Werner Schuster aus Düsseldorf der oberste Kanzlerstürzer?
Während andere Genossen Schusters These gestern aufnahmen, gibt man sich in NRW kanzlertreu. „Ich weiß nicht, für wen Heinz-Werner Schuster spricht. Für die AfA in NRW jedenfalls nicht“, sagte AfA-Landeschef Rainer Schmeltzer zur taz. Er verstehe nicht, was das für eine wilde Geschichte sei. „Es gibt am 26. Juni kein AfA-Treffen in Berlin und wir werden auch keinen SPD-Gegenkandidaten zum Kanzler aufstellen“, so der Landtagsabgeordnete aus Lünen, der vorgestern zum SPD-Vizefraktionschef gewählt worden war. Wie und warum AfA-Landesvorstand Schuster im Zusammenhang mit einem Kanzlersturz genannt wurde, konnte Schmeltzer gestern nicht beantworten. „Mit mir hat er darüber nicht gesprochen. Ich weiß nur, dass er ein kritischer Mensch ist.“
Auch andere Landesvorstände der SPD-Arbeitnehmerorganisation rätseln über die Motive des Düsseldorfers. „Das ist eine Einzelmeinung, die ich für politisch komplett falsch halte“, sagt AfA-Landes- und Bundesvorstand Markus Gluch. Bei aller Kritik an den Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung, stünden die SPD-Arbeitnehmer weiter zu Gerhard Schröder. „Wir machen Wahlkampf für den Bundeskanzler“, so der Betriebsrat der Kölner Ford-Werke.
„Da hat sich der Heinz-Werner total verrannt“, sagt ein anderer Vorstandskollege. Kollege Schuster trommele schon seit Jahren gegen den Kanzler – das sei „nichts Neues“. Im Vorstand der AfA werde Schuster für sein ständiges Schröder-Bashing nur noch belächelt. MARTIN TEIGELER
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