: Ukraine will gegen westliche Nachbarn klagen
Kyjiw will Einfuhrverbote für ukrainische Agrarprodukte in Polen, Ungarn und der Slowakei verhindern
Die Ukraine will die Nachbarländer Polen, Ungarn und die Slowakei wegen des Einfuhrverbots für ukrainische Agrarprodukte verklagen. „Es ist wichtig zu beweisen, dass diese Maßnahmen rechtlich falsch sind. Deshalb werden wir morgen rechtliche Schritte einleiten“, sagte der ukrainische Handelsbeauftragte Taras Kachka der Publikation Politico in einem am Montag veröffentlichten Interview. Die Ukraine könne zudem Maßnahmen gegen Polen verhängen, wenn Warschau seinen Kurs nicht aufgebe. „Wir wären gezwungen, Vergeltungsmaßnahmen für die zusätzlichen Produkte zu ergreifen, und würden die Einfuhr von Obst und Gemüse aus Polen verbieten.“
Polen, Ungarn und die Slowakei hatten am Freitag eigene Beschränkungen für ukrainische Getreideeinfuhren angekündigt. Zuvor hatte die Europäische Kommission beschlossen, ihr Einfuhrverbot für die fünf EU-Nachbarn der Ukraine nicht zu verlängern. Das im Mai von der EU verhängte Embargo erlaubte es Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und der Slowakei, den Verkauf von ukrainischem Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkernen im Inland zu verbieten. Der Transport dieser Agrarprodukte in andere Länder war und ist erlaubt.
Die Regierung in Kyjiw hatte bereits angekündigt, wegen der Beschränkungen ein internationales Schiedsverfahren anzustrengen. Die Getreideexporte sind die wichtigste Einnahmequelle der Ukraine. Die Europäische Union ließ ihr Verbot am Freitag auslaufen, nachdem die Ukraine erklärt hatte, Maßnahmen zur strengeren Kontrolle der Exporte in Nachbarländer zu ergreifen. Polen, die Slowakei und Ungarn gaben an, im Interesse ihrer Wirtschaft und der heimischen Landwirte zu handeln.
Unterdessen haben Landwirte in Bulgarien mit Blockaden gegen die Aufhebung des Importstopps für Getreide aus der Ukraine protestiert. Im ganzen Land sperrten die Demonstranten am Montag vorübergehend Fernstraßen und Zufahrtsstraßen zu Grenzpunkten nach Rumänien und Griechenland, wie Fernsehberichte zeigten. Die Aufhebung des Importstopps war von der prowestlichen Regierungsmehrheit im Parlament in Sofia beschlossen worden. Die Landwirte fürchten die Konkurrenz günstiger Importe.
Die Landwirte drohten, mit ihren Agrarmaschinen am Dienstag in die Hauptstadt Sofia einzufahren, um ihren Protest auch dort fortzusetzen. Sie fordern, dass Bulgarien – ähnlich wie Polen, Ungarn und die Slowakei – die Einfuhr aus der Ukraine von Weizen, Sonnenblumenkernen, Mais und Raps weiterhin stoppt.
Zudem fordern sie einen Importstopp auch für Speiseöl, Obst und Gemüse, Milch- und Milchprodukte, Fleisch, Vieh und Honig aus der Ukraine. Ministerpräsident Nikolaj Denkow sagte jedoch am Sonntag mit Blick auf die Proteste, er werde „mit Terroristen nicht verhandeln“.
Nach Ansicht von Bundesagrarminister Cem Özdemir sind die von Polen, Ungarn und der Slowakei eigenständig aufrechterhaltenen Einfuhrbeschränkungen von ukrainischem Getreide wohl nicht mit EU-Recht vereinbar. Er sehe keinen Anlass für solche Maßnahmen, sagte der Grünen-Politiker am Montag vor einem Treffen mit seinen EU-Kolleginnen und -Kollegen in Brüssel. „Ich sehe auch nicht, wie das mit EU-Recht in Übereinstimmung zu bringen ist“, ergänzte er. Nach seinen Informationen nehme der Markt das ukrainische Getreide gut auf. (dpa, rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen