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Der Tod hat viele Väter

Vor einer Woche fand die Polizei einen leblosen Siebenjährigen und seinen schwer verletzten Vater in dessen Bremer Wohnung. Die getrennt lebende Mutter erhebt Vorwürfe gegen das Jugendamt

Bedrohung mit einem Messer: War nicht Grund genug, den Umgang von einem Vater mit seinem Sohn zu verbieten Foto: Paul Zinken/ dpa

Von Eiken Bruhn

Ein siebenjähriges Kind ist tot, mutmaßlich vom eigenen Vater getötet – und die Suche nach Schuldigen geht weiter.

Nachdem die Polizei vor einer Woche mitgeteilt hatte, ein 46-jähriger Mann stehe im Verdacht, seinen siebenjährigen Sohn in seiner Wohnung in der Bremer Altstadt getötet zu haben, erschien am Freitag ein Artikel in der Bild-Zeitung. In diesem beschuldigt die Mutter des Kindes das Bremer Jugendamt, die Mitarbeiter hätten ihren Sohn nicht alleine den von ihr getrennt lebenden Vater besuchen lassen dürfen. Am selben Tag beantragte die CDU in der Bremischen Bürgerschaft eine Sondersitzung der Sozialdeputation, forderte „sofortige, rückhaltlose politische Aufklärung der behördlichen Verantwortlichkeiten“. Der Verdacht der Oppositionsfraktion: Missmanagement und Überlastung der Mitarbeitenden im zuständigen Jugendamt habe „zu einer mangelhaften Betreuung des Kindes behördlicherseits geführt“.

Entkräften kann die Bremer Sozialsenatorin Claudia Schilling (SPD) als Dienstherrin des Jugendamts die Vorwürfe nicht, weil sie sich nicht zu personenbezogenen Daten äußern darf, jedenfalls nicht öffentlich. Daher lässt sich ihr Sprecher Bernd Schneider nur damit zitieren: Es habe keine Betreuungs-, nur eine Beratungssituation der Familie gegeben. Zudem habe es die Überlastung in dem Jugendamt in einem ganz anderen Bereich gegeben, der keinen Einfluss auf die Frage hatte, wann und wie der Vater sein Kind sehen dürfe.

Nach einem Bericht der Bild-Zeitung lebten der Junge und seine Schwester nach der Trennung der Eltern im Oktober 2021 bei der Mutter, der Junge sah seinen Vater gelegentlich. Der habe das Kind nach der Mutter ausgefragt, ob sie einen neuen Partner habe und sie „Schlampe“ genannt. So schildert die Bild-Zeitung ein Gespräch mit der 33-jährigen Mutter. Und weiter: „Im April 2023, so erzählt es Gamze D., hätte der Vater seinen Sohn das gesamte Wochenende bei sich haben sollen: 'Doch er rief Samstagmorgen um 7 Uhr an, er habe nicht geschlafen, müsse den Jungen wiederbringen. Um 8 Uhr stand er mit meinem Sohn vor der Tür, sagte, er würde ihn nie wieder sehen wollen.’“

Nach mehreren Wochen Funkstille habe der Vater dann am 11. Juni um Mitternacht vor der Tür zur Wohnung der Mutter gestanden, habe dort randaliert und mit einem Messer gefuchtelt. Das bestätigt am Montag ein Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft. Die Polizei sei zur Wohnung gekommen, habe den Mann dort aber nicht angetroffen. „Eine Stunde später meldete er sich aber selbst auf der Polizeiwache.“ Das Amtsgericht habe auf Antrag der Mutter eine Gewaltschutzverfügung verhängt, der Vater hätte sich ihr und der Wohnung vorübergehend nicht nähern dürfen.

Laut Bild-Zeitung wollten Vater und Sohn dann nach mehreren Wochen ein Wiedersehen, die Mutter wandte sich ans Jugendamt – mit welchem Ziel, steht nicht in dem Artikel. In einem Gespräch mit dem Mitarbeiter des Jugendamts, so heißt es weiter, habe dieser das Kind gefragt, ob es den Vater alleine sehen wolle oder ob eine andere erwachsene Person dabei sein solle. Einen solchen von einer Sozialarbeiterin oder einem Sozialarbeiter begleiteten Umgang zum Schutz des Kindes habe der Junge mit den Worten „Ich schaffe das allein“ abgelehnt. Eine solche schwerwiegende Entscheidung solle doch vielleicht nicht einem sieben Jahre alten Kind überlassen werden, soll die Mutter der Bild-Zeitung gesagt haben. Allerdings scheint auch sie nicht widersprochen zu haben – in der Annahme, ihr ehemaliger Partner würde dem Kind nichts tun.

Missmanagement und Überlastung der Mitarbeitenden im Jugendamt habe „zu einer mangelhaften Betreuung des Kindes behördlicherseits geführt“, sagt die CDU

Doch in der Nacht zum Sonntag vergangener Woche fand die Polizei dann in der Wohnung des Vaters den leblosen Jungen und seinen schwer verletzten Vater, der sich die Verletzungen selbst zugefügt hatte, offenbar im Versuch sich zu suizidieren. Die Tötung eines oder auch mehrerer nahestehender Menschen und anschließender (versuchter) Selbsttötung wird oftmals als „erweiterter Suizid“ bezeichnet. Die Täter sollen Studien zufolge in bis zu 90 Prozent der Fälle männlichen Geschlechts sein.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Tatverdächtige aufgrund seiner psychischen Verfassung zum Tatzeitpunkt vermindert schuldfähig ist. Er befinde sich derzeit in der geschlossenen Psychiatrie. Laut Radio Bremen soll er seine Schwester angerufen und die Tat angekündigt haben. Der Junge war zum Übernachtungsbesuch bei ihm.

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