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Kein Königsweg zu einer guten Rente

Immer mehr Rent­ne­r*in­nen droht Altersarmut. Die Bundesregierung plant deswegen eine Rentenreform. Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, wo sich vielleicht etwas Gutes abschauen lässt

von Wolfgang Mulke

Noch in diesem Sommer will die Bundesregierung die nächste Rentenreform vorstellen. Zwei wichtige Elemente sind bekannt. Arbeitsminister Hubertus Heil will ein Rentenniveau von 48 Prozent als Mindestmaß festschreiben. Finanzminister Christian Lindner bekommt im Gegenzug die Aktienrente. Beide Begriffe sind nicht wirklich treffend. Das Rentenniveau bezieht sich nicht auf den letzten Lohn eines Rentners. Vielmehr drückt es das Verhältnis einer Durchschnittsrente zum Durchschnittsverdienst in Deutschland aus. Es ist also kein individueller Anspruch daraus ableitbar. Und die Aktienrente steht für den Aufbau eines Kapitalstocks. Mit 10 Milliarden Euro geht es los, die an den Kapitalmärkten angelegt werden sollen. Die Erträge sollen die Rentenfinanzen in den kommenden Jahrzehnten stabilisieren.

Gerade um die Rentenhöhe wird viel diskutiert. Sie ist in Deutschland vergleichsweise niedrig. Gemessen am letzten Nettoverdienst erhalten Rentner in Deutschland netto eine Rente von knapp 53 Prozent. In Portugal und den Niederlanden sind es rund 90 Prozent, in Österreich 87 Prozent. Auch Griechen und Italiener kommen auf über 80 Prozent. Gerade Österreich wird immer wieder als Beispiel für eine bessere Altersvorsorge herangezogen. 2018 erhielten deutsche Rentner 1.000 Euro im Schnitt, in Österreich 1.550 Euro, bei 14 Zahlungen im Jahr – ein gewaltiger Unterschied, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ergab.

Es gibt Gründe für die besseren Leistungen im Alpenland. Einer ist der weitaus höhere Rentenbeitrag von 22,8 Prozent. Davon entfallen auf die Arbeitnehmer 10,25 Prozent, den Rest zahlen die Arbeitgeber. In Deutschland zahlen beide zusammen hälftig 18,6 Prozent des Bruttolohns. Ein weiterer Grund ist die höhere Lohnsumme im Nachbarland.

Aber es gibt im Ländervergleich noch weitere Unterschiede im System. So ist die Mindestversicherungszeit in Österreich mit 15 Jahren dreimal so lang wie in Deutschland. Viele, die nur eine geringere Beitragszeit erreichen, gehen leer aus. Auch ist die Alterssicherung in Österreich eine Art Bürgerversicherung, umfasst also auch Beamte und Selbständige. Schließlich leistet sich das Land gemessen an der Wirtschaftsleistung einen höheren Steuerzuschuss an die Rentenkasse. Und auch die Anpassung der Renten wird anders berechnet. Die Rentner in Österreich erhalten einen Infla­tions­ausgleich. Hier richtet sich die Anpassung nach der Lohnentwicklung.

Auch in den Niederlanden stehen Rentner besser da, zumindest auf dem Papier. Das System dort beruht auf zwei Säulen. Die erste ist eine am gesetzlichen Mindestlohn orientierte Grundrente. Alleinstehende erhalten 70 Prozent des Mindestlohns, Paare je 50 Prozent. Ob jemand Beiträge eingezahlt hat oder nicht, ist unerheblich. Jeder hat Anspruch auf die Grundrente, die mit rund 1.200 Euro deutlich höher ist als etwa die Grundsicherung in Deutschland. Erwerbstätige zahlen bis zu einer Obergrenze rund 18 Prozent ihres Bruttolohns an die Rentenversicherung, ohne einen Arbeitgeberanteil.

Voraussetzung für eine Grundrente ist allerdings, dass die Versicherten ab dem 15. Lebensjahr wenigstens 50 Jahre in den Niederlanden gewohnt haben. Für jedes Jahr weniger werden 2 Prozentpunkte abgezogen. Auch die Altersgrenze ist anders geregelt. Ab 2024 liegt das Rentenalter bei 67 Jahren. Es wird künftig an die Lebenserwartung gekoppelt, könnte also noch weiter steigen. Eine Frührente wie in Deutschland kennt das System nicht.

Über die Rentenhöhe wird viel diskutiert. Sie ist hier vergleichs­weise niedrig

Die zweite Säule ist die betriebliche Altersvorsorge, die 90 Prozent der Erwerbstätigen erfasst. Zusammengenommen sollen beide Säulen ein Leistungsniveau von 70 Prozent des letzten Einkommens sichern. Die private Altersvorsorge spielt nur eine untergeordnete Rolle. Sie kommt am Ende als eine Art „Sahnehäubchen“ obendrauf.

Oft wird auch Schweden als Vorbild bei der Alterssicherung angeführt. Das Modell mischt ein Umlageverfahren wie bei uns mit einem kapitalgedeckten. Beamte und Selbständige müssen auch in diese Versicherung einzahlen. Der Beitragssatz liegt bei 18,5 Prozent. Davon werden 2,5 Prozentpunkte für eine Prämienrente verwendet, das heißt in einem Fonds angelegt. Die Versicherten haben eine große Auswahl an Fonds. Entscheiden sie sich für kein Produkt, wandert das Geld in einen Staatsfonds, der es anlegt. Das hat in der Vergangenheit hohe Renditen für Versicherte gebracht. Gut ausgebaut ist auch die betriebliche Altersvorsorge, für die Arbeitgeber in der Regel 4,5 Prozent des Lohns abführen.

Eine Garantierente gibt es auch. Die Höhe ist mit der Grundsicherung in Deutschland vergleichbar. Das schwedische System hat aus Sicht der Hans-Böckler-Stiftung einen Haken. „Die Altersvorsorge in Schweden birgt Risiken für Einzahlende, Rentnerinnen und Rentner“, warnt deren Rentenexperte Florian Blank. Denn die Renten können auch sinken, wenn es bei den Löhnen oder an den Aktienmärkten nicht gut läuft. „Das deutsche System wirkt da stabiler“, erklärt Blank.

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