: Afro Salsa All Stars
Transatlantisch musizieren: Die Afro Salseros aus dem Senegal haben sich bei einer Reise nach Kuba gefunden
Es war einer jener Abende, die Geschichte machen. Im Januar 2001 kam der kubanische Botschafter aus der guineischen Hauptstadt Conakry auf Besuch nach Dakar, die Hauptstadt des Senegals. Prompt trommelte das senegalesische Außenministerium die prominentesten Salsamusiker des Landes zusammen, um ihn zu begrüßen. Die Beziehungen zwischen dem Senegal und Kuba waren kühl, seit Leopold Sedar Senghor, der erste Präsident des Landes, dem westlichen Diktum folgte und Distanz zu Kuba hielt. Niemand hätte deswegen gedacht, dass aus dem offiziellen Treffen im teuren Club Niani in Dakar einmal eine Band hervorgehen sollte. Doch der kubanische Botschafter zeigte sich nicht nur begeistert von den Salsafertigkeiten der senegalesischen Musiker. Als er erfuhr, dass noch keiner von ihnen je auf Kuba gewesen war, lud er sie kurzerhand in die Karibik ein.
Kubanische Musik, Salsa und andere lateinamerikanische Stile waren nach der Unabhängigkeit in vielen westafrikanischen Ländern schwer in Mode. Nach dem Zweiten Weltkrieg dominierten kubanische Gassenhauer das Radioprogramm und die lokalen Tanzveranstaltungen. Die Coverversionen kubanischer Hits glichen den Originalen bis in die Siebzigerjahre hinein in Songstruktur und Melodie, die spanischen Texte wurden gern lautmalerisch kopiert, während die Instrumente schroff bis frei agierten. So hörte sich manche Version von „Guantanamera“ aus Dakar ganz schön schräg an. Die Adaption von Rumba und Cha Cha Cha war zugleich ein wichtiger Schritt in der Entwicklung einer eigenen Tanzmusik: Im Kongo ging daraus der Soukousstil hervor, während in Dakar der Mbalax entstand, den Youssou N’Dour später weltweit dem Publikum näher bringen sollte.
Die Mutter aller Salsacombos war ohne jede Frage die Star Band. Die gesamten Sechzigerjahre hindurch gab sie in Dakar den Ton an und bildete quasi die Keimzelle der senegalesischen Popmusik. Streitigkeiten führten allerdings zu Abspaltungen, und so gingen aus der Star Band die beiden wichtigsten Orchester der Siebzigerjahre hervor: Das Orchestra Baobab, das kürzlich durch ein großes Comeback auf die Bühnen der Welt zurückgekehrt ist, sowie Number One de Dakar.
Beide Combos pflegten den Anspruch, jeweils die beste des Landes zu sein, und beide wurden von der Regierung als Staatsorchester hofiert. Musiker aus allen drei Kapellen, der Star Band, dem Orchestra Baobab sowie Number One de Dakar, waren denn auch auf der offiziellen Liste für die Kubareise vertreten.
Doch der spontane Kubatrip wäre beinahe in eine Katastrophe gemündet. Einmal in Havanna angekommen, trafen die 15 Musiker auf ein totales Chaos. Zwar waren sie im legendären Hotel Nacional im Zentrum von Havanna untergebracht. Sie hatten aber nicht einmal einen Dollar in der Tasche, um sich ein Bier zu kaufen. Gigs waren gar nicht erst arrangiert worden, und so spielten die Musiker zum Zeitvertreib zunächst vor kanadischen und japanischen Touristen im Garten des Hotels auf. Zum Glück schaltete sich an dieser Stelle der Frankfurter Produzent Günter Gretz ein, der auf seinem Label „popular african music“ zeitgenössische und klassische Popmusik aus Afrika veröffentlicht und mit einigen der Musiker seit langem bekannt ist. Er nutzte die einmalige Chance, um mit den Musikern in Kuba einen Tonträger aufzunehmen. So mietete er sich in den staatlichen Egrem-Studios in Havanna ein und produzierte mit der bunt zusammengewürfelten All-Star-Band im Sommer 2001 eine schöne CD mit dem Titel „Los Afro-Salseros de Senegal en la Habana“.
Zurück im Senegal, überführte der Gitarrist Yakhia Fall die Idee eines traditionellen senegalesischen Salsaorchesters in ein regelmäßiges Projekt. Einmal in der Woche steht er nun den Afro Salseros vor, jener Band, die jetzt auf Tournee nach Deutschland kommt. So ist letztlich dem kubanischen Botschafter in Ghana zu verdanken, dass eines der besten Konzerterlebnisse dieses Sommers jetzt nach Deutschland kommt. MAX ANNASANNETT BUSCH
Tournee: 24. 6. Schloss Hungen, 25. 5. Rödermark, 26. 6. Hannover, 29. 6. Herford, 1. 7. Bielefeld, 6. 7. Frankfurt, 9. 7. Mainz, 15. 7. Weikersheim, 16. 7. München, 29. 7. Fulda