das wird: „Die Akustik im Refraktor ist außergewöhnlich“
Astronomie trifft Musik: Studierende der Hamburger Universität präsentieren ein Festival in einer Sternwarte
Interview Petra Schellen
taz: Frau Grigoleit, klingt Musik in einer Sternwarte besser als im Konzertsaal?
Anne Grigoleit: In der Tat ist die Akustik im Refraktor – der Kuppel der Sternwarte – bemerkenswert. Es klingt ein bisschen hallig, wie in einer Kirche, und auch die Optik des Raums ist außergewöhnlich. Der große Refraktor ist ja das größte Teleskop-Kuppelgebäude auf dem Gelände der Hamburger Sternwarte. Darin steht ein großes Teleskop, der Boden kann herauf- und heruntergefahren werden, um das Fernrohr zu erreichen. Zur Sternbeobachtung wird außerdem das Dach einen Spalt breit aufgefahren, damit man freie Sicht in den Sternenhimmel hat. Auch während unseres Konzerts wird die Kuppel etwas offen stehen. Das ist schon erhebend, quasi direkt unterm Sternenhimmel zu spielen.
Welche Art Musik wird das Festival – das nahliegenderweise „Sternstunden“ heißt – dort präsentieren?
Ein Gesangsensemble wird zum Beispiel gregorianische Lieder aufführen. Es wird ein Cello-Solo geben, eine Live-Sound-Installation sowie ein Sound-Design mit Gesang und Saxofon. Zum Schluss spielt das Duo „Protostellar Core“ über mehrere Stunden einen elektronischen Ambient-Zyklus, der sich mit einem Ur-Ton befasst und musikalisch der Entstehung des Universums nachspürt. Darin geht es um die Frage nach Ursprung und Endlichkeit des Universums, des Menschen, des biologischen Lebens überhaupt. Da die Akustik des Refraktors für gleichfalls am Festival beteiligte Streichquartette nicht ganz so geeignet ist, werden sie in der Bibliothek spielen.
Was denn?
Stücke von Mendelssohn, Haydn, aber auch die „Star Wars“-Filmmusik. Der Bezug der aufgeführten Stücke zur Astronomie war gewünscht, aber nicht Teilnahmevoraussetzung.
Anne Grigoleit
29, Projektleiterin des Festivals, hat Anglistik und Soziologie in Hamburg studiert, derzeit macht sie einen Master in Kulturwissenschaften in Lüneburg.
Wer hat das Festival initiiert?
Der Leiter der Uni-Musik Hamburg, Thomas Posth. Er ist Dirigent des Sinfonieorchesters und des Kammerchors der Hamburger Universität sowie künstlerischer Leiter das „Orchesters im Treppenhaus“ in Hannover. Zugleich ist er Universitätsmusikdirektor und hat in dieser Funktion das „Sternstunden“-Festival ins Leben gerufen.
Und die Mitwirkenden …
… studieren nicht Musik, sondern andere Fächer an der Hamburger Universität, sind also HobbymusikerInnen. Mit der Hamburger Hochschule für Musik und Theater hat das Festival nichts zu tun.
Warum gibt es das Festival überhaupt?
„Sternstunden Festival“: Fr + Sa, 21. + 22. 7., Sternwarte Hamburg-Bergedorf, Gojenbergsweg 112. Internet: www.sternstundenfestival.de
Die Idee, mit der Sternwarte zu kooperieren, die ja auch zur Uni gehört, entstand im Februar 2020. Damals haben wir in unserem Semester-Abschlusskonzert Gustav Holsts „Planetensuite“ in der Laeiszhalle gespielt. Zur Konzerteinführung hat der Wissenschaftler und Astronom Jochen Liske von der Hamburger Sternwarte einen Vortrag über das Universum gehalten. Diese Kombination aus Musik und Astronomie hat uns so inspiriert, dass wir beschlossen, ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen. Nach einer coronabedingten Verzögerung hat es jetzt geklappt.
Welchen Erkenntnisgewinn versprechen Sie sich von so einer Art der Kooperation?
Einigen. Neben den musikalischen Darbietungen, die von Klassik über Jazz und Funk bis zum Folk reichen, werden die Mitarbeitenden der Sternwarte Vorträge halten über Astronomie und über die Räume der denkmalgeschützten Sternwarte. Es wird Führungen übers Gelände geben – und natürlich wird man durch Teleskope und Spiegel in den Himmel schauen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen