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Griechenland stimmt für harte Flüchtlingspolitik

Die konservative Nea Dimokratia gewinnt die Wahl deutlich. Zwei neue rechte Parteien ziehen ins Parlament ein. Die linke Syriza fährt eine herbe Niederlage ein

Wird erneut ohne Koalitionspartner regieren können: Kyriakos Mitsotakis am Sonntagabend Foto: Petros Giannakouris/ap

Aus Athen Ferry Batzoglou

Die konservative Nea Dimokratia (ND) hat die Parlamentswahl in Griechenland vom Sonntag klar für sich entschieden. Sie erhielt 40,6 Prozent der Stimmen und konnte damit die absolute Mehrheit von 158 Mandaten im 300-köpfigen Parlament erringen. Der erstplatzierten Partei wird bei dieser Wahl ein Mandatebonus gewährt. Neuer Regierungschef ist damit der bisherige Amtsinhaber Kyriakos Mitsotakis, der weiter alleine regieren kann. Der 55-jährige ND-Chef regiert Griechenland bereits seit 2019, ohne auf Koalitionspartner angewiesen zu sein.

Bei der letzten Wahl vor erst fünf Wochen hatte die ND noch 40,8 Prozent der Stimmen auf sich vereint. Damit hatten die Konservativen aber auf Grundlage des bei jenem Urnengang geltenden reinen Verhältniswahlrechts die absolute Mehrheit verfehlt. Weil keine der fünf Parlamentsparteien eine Koalition eingehen wollte, wurde die Wahl erneut ausgerufen. Die Wahlbeteiligung brach am Sonntag auf 52,8 Prozent ein – eine historische Negativmarke. Insgesamt acht Parteien schafften den Einzug ins Parlament, gleich drei Parteien mehr als im Mai.

Mit einem Rückstand von knapp 23 Prozent landete das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) auf Platz zwei. Syriza kam auf 17,8 Prozent der Stimmen und 48 Mandate, 23 Sitze weniger als bisher. Die sozialdemokratische Pasok kam auf 11,9 Prozent (32 Sitze), die Kommunistische Partei KKE vereinte 7,7 Prozent (20 Sitze) auf sich und für die nationalkonservative Griechische Lösung votierten 4,4 Prozent der Wähler (12 Sitze).

Den Sprung über die Dreiprozenthürde schafften neben der linksnationalen Plefsi Eleftherias (Kurs der Freiheit) mit 3,2 Prozent (8 Sitze) erstmals auch die ultranationalistischen Spartaner mit 4,7 Prozent (12 Sitze) sowie die ultrareligiöse Partei Niki (der Sieg) mit 3,7 Prozent (10 Sitze). Damit sind von zuvor einer fortan gleich drei Parteien rechts der ND im Parlament vertreten. Das Rechtradikalen-Trio Spartaner, Niki und Griechische Lösung überbietet sich gegenseitig mit Forderungen nach einer maximal harten Flüchtlings- und Migrationspolitik.

Die Spartaner meinen, dass Europa „in Millionen von Menschen ertrinkt, die aus völlig anderen Kulturen, Zivilisationen und Bräuchen und Wirtschaftslagen fliehen“. Sie kämen „illegal nach Griechenland“ und würden „Zehntausende Euro an Sklavenhändler zahlen, die mit illegalen Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten, was seltsam und vor allem moralisch und inhaltlich absurd“ sei.

Die Partei fordert, „die (griechischen) Grenzen mit modernen Mitteln zu schließen und dafür zu sorgen, dass alten und neuen NGOs die Tätigkeit auf griechischem Territorium untersagt wird“. „Vergünstigungen und Sonderprivilegien für illegale Einwanderer“ sollten „komplett eingestellt werden, um ihnen (den Flüchtlingen und Migranten) den Weg zu ebnen, Griechenland freiwillig zu verlassen“.

Laut Umfragen befürworten gegenwärtig rund 80 Prozent der Griechen eine restriktive Flüchtlings- und Migrationspolitik. Sie finden es gut, dass Griechenland in der Ära Mitsotakis vergleichsweise wenige Schutzsuchende zählt. Stichwort: Festung Griechenland. Registrierte die UNO 2015 noch fast 900.000 Neuankömmlinge in Griechenland, waren es 2022 laut Angaben des Athener Migrationsministeriums nur noch 17.122 neu registrierte Flüchtlinge und Migranten.

Das Bootsunglück vom 14. Juni, elf Tage vor der Wahl, vor der Südwestküste des Peloponnes mit vermutlich 646 ertrunkenen Menschen ließ das Gros der Griechen eher kalt. Eine bekannte Fernsehmoderatorin ärgerte sich unmittelbar nach der Katastrophe in ihrer Sendung darüber, dass im Hafen von Kalamata „so viele Rettungswagen auf Gerettete warten, die anderswo fehlen“. Der Aufschrei über die Aussage hielt sich in Grenzen.

Das Bootsunglück mit vermutlich 646 Ertrunkenen ließ das Gros der Griechen eher kalt

Der alte und neue Regierungschef Mitsotakis feierte am Sonntagabend vor der ND-Zentrale in Athen den Wahlsieg. Er werde „Premierminister aller Griechen“ sein. Die ND sei „die stärkste Mitte-rechts-Partei in Europa“, hob er hervor. „Wir haben endgültig den Kreis der Spaltung und der Toxizität geschlossen, der vor zehn Jahren begonnen hat“, fügte er hinzu – ein Seitenhieb auf die radikallinke Syriza unter Ex-Regierungschef Alexis Tsipras.

Syriza steht nun vor einem Scherbenhaufen. In den 2010er-Jahren hatte sich Syriza von einer Kleinpartei zur Regierungspartei katapultiert. 2015 holte die sie noch mehr als 35 Prozent. Der politische Emporkömmling verdankte den Aufstieg maßgeblich dem rapiden Verfall der sozialdemokratischen Pasok.

Syriza-Chef Alexis Tsipras, 48, gab sich am Sonntagabend niedergeschlagen. Zwar bleibe Syriza „die führende Oppositionskraft“. Aber: „Das ist eine ernsthafte Wahlniederlage. Das erfordert schnelle Entscheidungen für notwendige Änderungen.“ Syriza werde ihre Entscheidungen „durch koordinierte und kollektive Prozesse“ treffen, „so wie es sich für eine demokratische und partizipatorische Partei gehört“. Die Parteimitglieder seien aufgerufen, „uns alle zu beurteilen und eine Strategie zu formulieren, die auf die schwierigen Umstände reagiert“. Tsipras, der Syriza seit 2008 führt, stellte klar: „Es versteht sich von selbst, dass ich in diesem schöpferischen kollektiven Prozess des Wiederaufbaus der Erste bin, der sich dem Urteil der Parteimitglieder stellen wird.“