Trotz allem zu viel CO2

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat eine Reform des Klimaschutzgesetzes und ein Programm vorgelegt. Problem bleibt der Verkehr. Fridays for Future kündigt Proteste an

Schnell noch spuren, damit die Au­to­fah­re­r:in­nen auch schön weiter heizen können F oto: Jochen Tack/imago

Von Susanne Schwarz

Eine Klimaschutzlücke wird auch mit dem am Mittwoch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgestellten Klimapaket bleiben. Selbst wenn alle Pläne umgesetzt werden, gelangen laut Habeck immer noch gut 200 Millionen Tonnen CO2 zu viel in die Atmosphäre, fast 30 Prozent der Menge, die Deutschland 2022 emittiert hat.

Das Klimapaket besteht aus einer Reform des Klimaschutzgesetzes, in dem die deutschen Klimaziele festgehalten sind, sowie einem Klimaschutzprogramm mit Maßnahmen. Über beides streitet die Ampel-Regierung seit Monaten. Die Treib­haus­gas­emissionen müssen bis zum Ende des Jahrzehnts eigentlich um 65 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen. Das sind dann höchstens 440 Mil­lio­nen Tonnen.

Entsprechend enttäuscht zeigte sich die Klimabewegung. Die Ak­ti­vis­t:in­nen von Fridays for Future (FFF) kündigten für diesen Freitag Proteste an. „Die Ampel stiftet Chaos, und Olaf Scholz steht stumm daneben und macht keine Anstalten, sich gegen die Klimazerstörung zu stellen“, schimpfte FFF-Sprecherin Annika Rittmann.

„Als ich Minister wurde, erschien das Erreichen der Klimaziele unmöglich“, sagte Habeck. Mit den ergriffenen Maßnahmen sei „die Lücke nun zwar nicht null geworden“, aber immerhin um vier Fünftel geschrumpft. Damit sei es nun auch noch möglich, das Ziel zu erreichen.

Im Klimaschutzgesetz verändert sich mit der Reform unter anderem, dass die Bundesregierung nun gemeinsam die Verantwortung trägt. Wenn Ziele zur CO2-Einsparung etwa in Bereichen wie dem Verkehr verfehlt werden, soll künftig die gesamte Regierung nachsteuern und nicht wie bisher das jeweils zuständige Ressort. „Diese Gesamtverantwortung ermöglicht natürlich eine Flexibilität: Ein Sektor kann übererfüllen, einer untererfüllen“, sagte Habeck.

Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen kritisieren genau diese auf Druck der FDP eingebrachte Regelung. Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe sprach am Donnerstag von „organisierter Verantwortungslosigkeit“. Klimaschutz werde so „Spielball von Verhandlungen“. Martin Kaiser von Greenpeace Deutschland sagte, das neue Klimaschutzgesetz stelle „vor allem Verkehrsminister Wissing eine Lizenz zum Nichtstun aus“.

Auch aus der Opposition gab es Kritik: „Als Klimapolitiker unterschiedlicher Parteien haben wir lange für die Verbindlichkeit eines Klimaschutzgesetzes gekämpft“, sagte der CDU-Vizevorsitzende Andreas Jung dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Pflicht zum sofortigen Nachsteuern bei einer Zielverfehlung ist dabei das Herzstück.“

„Lizenz zum Nichts­ tun für Verkehrs­ minister Wissing“

Martin Kaiser, Greenpeace

Die Verweise auf Wissing kommen nicht von ungefähr. Die überzähligen 200 Millionen Tonnen „sind wesentlich im Verkehrssektor zu verorten“, räumte Habeck ein.

Künftig soll auch anders entschieden werden, ob die Regierung weitere Klimaschutzmaßnahmen einführen muss. Bisher prüft der Expertenrat für Klimafragen jährlich, wie viel CO2 in Deutschland emittiert wurde. Hat ein Sektor seine Grenzwerte gerissen, muss der:­die zuständige Mi­nis­te­r:in ein Sofortprogramm vorlegen. Künftig wird stattdessen auf Projektionen in die Zukunft geschaut. Ergeben zwei Jahre in Folge, dass das Klimaziel für 2030 nicht einzuhalten ist, muss die Regierung tätig werden.

Das Paket ist nun in der sogenannten Ressortabstimmung. Das heißt: Die anderen Ministerien können jetzt Stellung nehmen. Kommen dabei keine neuen Streitpunkte auf, könnte das Kabinett die Pläne am kommenden Mittwoch beschließen.