: Asiens Beste
Die Urawa Red Diamonds aus Tokio gewinnen die Fußball Champions League des Kontinents gegen Al-Hilal aus Saudi-Arabien. Der Wettbewerb ist speziell
Aus Tokio Felix Lill
Als die vier Minuten der Nachspielzeit abgelaufen sind, kann den Pfiff des Schiedsrichters niemand im Stadion mehr hören. Dass Schluss ist, erkennt die Menge nur noch daran, dass der Unparteiische seine Hände gen Mittelpunkt richtet. Dann wird es noch lauter. Fast das gesamte Stadion bejubelt die Sieger: Die Urawa Red Diamonds haben die Asian Champions League mit 1:0 gewonnen. Nach einem 1:1 im Hinspiel gegen Al-Hilal sind sie das beste Vereinsteam Asiens.
Mitgefiebert wurde bei diesem Spiel längst nicht nur im kochenden Saitama-Stadium nördlich von Tokio. Ein ganzer Kontinent hat zugesehen, und zwar der größte der Welt. Die Asiatische Fußballkonföderation reicht mit ihren 47 nationalen Mitgliedsverbänden von Libanon im Westen bis nach Australien im Südosten – in ihren Ländern lebt deutlich mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Und vielerorts ist der wichtigste Sport Fußball.
So waren die Gäste Al-Hilal nicht allein nach Japan gekommen. Aus Saudi-Arabien waren rund 1.000 Fans angereist, so auch Mohamed, der selbst eine Reise um die halbe Welt angetreten ist: „Ich bin hier, um meinen Klub anzufeuern“, sagt er, mit einer blauen Fahne ausgestattet, eine Stunde vorm Anpfiff. „Ich war auch schon 2019 hier, da waren wir auch im Finale, gegen denselben Gegner, und haben gewonnen.“
Auch 2021 hatte Al-Hilal den Titel geholt, damals allerdings gegen die Pohang Steelers aus Südkorea. „Zu Hause in Saudi-Arabien haben sie vorm Spiel gebetet, dass Al-Hilal diesmal wieder gewinnt“, sagt Mohamed und lacht, denn bei dieser Begegnung handle es sich mittlerweile ja um ein „asiatisches Derby“. Daheim haben sich viele Leute, die er kennt, freigenommen, um das Spiel einzuschalten. Die Sache ist ernst.
Die Asian Champions League ist nicht nur deshalb das größte Kontinentalturnier der Welt, weil hier indirekt die meisten Menschen der Welt vertreten werden. Es werden auch die mit Abstand längsten Distanzen zurückgelegt, um zu einem Auswärtsspiel anzureisen. „Die Reise von Riad nach Tokio hat ungefähr elf Stunden gedauert“, erklärt Musaed Al Mahmoud vom saudi-arabischen Fernsehsender SSC. „Die Mannschaft ist schon vor fünf Tagen angereist, damit die Spieler ihren Jetlag rechtzeitig ausgeschlafen haben.“
Etwas Ähnliches sagt Al Mahmouds japanischer Kollege Takayuki Watanabe von der Zeitung Tokyo Sports: „Auf Klubebene muss in diese langen Reisen viel Know-how investiert werden, damit die Strapazen nicht so groß sind.“ Aber auch ein Auswärtsspiel nach Australien bedeutet für eine japanische Mannschaft noch eine Reise von um die zehn Flugstunden.
Der asiatische Verband deckt sieben Zeitzonen ab. Um allzu viel Reiserei zu verhindern, wird das Turnier in zwei Hälften unterteilt: Im Westen spielen die Klubs der arabischen Länder und Zentralasiens, im Osten jene aus Ost- und Südostasien. Erst im Finale treffen die beiden Hälften aufeinander. Wohl um einen Auswärtsnachteil wegen einer langen Anreise zu vermeiden, gibt es ein Finale mit Hin- und Rückspiel.
Am Samstagabend ist der Wind in Tokio so stark, dass die Begegnung teilweise dem Zufall überlassen ist. Befreiungsschläge werden in der Luft zurückgeblasen. In der 48. Minute macht der Wind praktisch auch das entscheidende Tor: Nach einer Flanke köpft Marius Höibraten einen eigentlich kaum gefährlichen Ball in die Mitte, dessen Flugbahn sich aber unberechenbar ändert und ins Tor segelt. Der Stimmung tut der Wind aber keinen Abbruch. Mit gut 53.000 Zuschauern ist das Stadion fast ausverkauft: „Das war ein sehr besonderes Erlebnis“, gesteht Hiroki Sakai, Ex-Verteidiger bei Hannover 96 und jetzt Kapitän der siegreichen Urawa Reds, nach dem Spiel. „Die Atmosphäre im Stadion war unglaublich.“
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