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Eine Armbanduhr mit kleiner Zugabe

Sie sehen wirklich sehr billig aus, die Uhren, die der fliegende Händler da verkauft. Ob es überhaupt jemanden gibt, der so etwas kauft? Und noch dazu an diesem doch arg provisorisch wirkenden Verkaufstischchen. Doch. Da kommen mehrere Männer, nehmen sich eine Uhr, begutachten sie, stellen ein paar Fragen. Nein, doch nicht. Sie legen die Uhren wieder hin. Vielleicht können sie ja mit dem Markennamen etwas anfangen? Rosra. Bei Amazon kann man sich auch eine Rosra-Armbanduhr bestellen. Über 300 Euro müsste man dafür zahlen. Der fliegenden Händler möchte nur 10 Euro haben. Die Uhr ist riesig. Etwas dezentere Zeitmesser sind auch im Angebot. Die gibt es schon für 5 Euro. Wer sich nicht entscheiden kann, hat die Möglichkeit, an einem anderen Tag noch einmal zu kommen. Ob der Händler morgen wieder da ist? Vielleicht. Vielleicht aber auch da vorne. Er zeigt auf die andere Straßenseite. Klar, er ist ein fliegender Händler. Was er sonst noch im Angebot hat. Gebetskettchen und Männerschmuck. Ringe, Ketten und Plastikarmbänder, auf denen „Free Palestine!“ steht. Das passt zu den Plakaten auf der Hauswand, vor der er an diesem Tag seinen keinen Quadratmeter großen Stand aufgebaut hat. Dort kleben Botschaften der Organisation Samidoun, dem „Palästinensischen Gefangenennetzwerk“. Eine lautet: „Free, free palestine – from the River to the Sea“. Auf einem anderen „Ruhm und Ehre für Nasser Abu Hmeid“. Wer im Netz den Namen eingibt, weiß bald, dass der Mann vor kurzem in israelischer Haft an Lungenkrebs gestorben ist. Er war einer der Gründer der Terrororganisation „Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden“ und war unter anderem wegen siebenfachen Mordes an israelischen Staatsbürgern zu lebenslanger Haft verurteilt worden. 3 Euro will der Händler für das Plastikband. Eigentlich zu viel. Am Ende macht er ein Angebot: Die große Rosra-Uhr zusammen mit einem Kettchen nebst Palästina-Anhänger für 10 Euro. Na bitte! Gekauft. (arue)