urdrüs wahre kolumne
: Rettet Linda!

Was die Kriminalisierung der beklagenswerten Sozialfälle Nölle und Borttscheller betrifft, halte ich Nachsicht für unbedingt geboten. Schließlich kann man den beiden Herren samt kooperativen Ehefrauen doch nur vorwerfen, das sie sich in ihrem privatwirtschaftlichen Verhalten just an jenen Gepflogenheiten orientiert haben, die in der großkoalizionären Politik Bremens schon seit langem Usus sind. Doch niemals hörte niemand nicht, dass sich der Nashorn-Bürgermeister oder irgendein wirtschaftsförderlicher Senator mit der Absicht trägt, die Koffer zu packen, um in ein sicheres Drittland zu verschwinden.

Hoffen wir nun wenigstens, dass sich auch in Frankreich Flüchtlingsgruppen finden, um die hierzulande von Haft bedrohten Wirtschaftsasylanten angemessen zu unterstützen! Und da Nölle seine Infos zum Abtauchen ins französische Entschuldungsparadies offenbar aus dem Kleinanzeigenteil des Undergound-Magazins „Welt am Sonntag“ hat, wird er nach seiner Rückkehr nach Bremen nicht nur als schuldenfrei gelten, sondern es auch noch zum Doktorhütchen oder zum Grafen von Monte Christo gebracht haben!

Vor der Penny-Filiale haben zwei höchstens Zehnjährige auf einer polyacrylscheußlichen Decke einen Flohmarkt eingerichtet, und stets im Bemühen, solche unternehmerische Initiative durch den Ankauf eines wohlfeilen Comics oder irgendeiner Deppenkappe mit Sonnenschirm zu fördern, lasse ich die Augen über das Angebot schweifen, finde aber dort zunächst nichts, was meine Aufmerksamkeit erregt – bis ich einen ganzen Stapel mit Happy Weekend-Heften und Spezialmagazinen für omnipotente Swingerpärchen entdecke. Auf meine irritierte Nachfrage erfahre ich: „Ham wir von unseren Eltern gekriegt, die haben genug davon bei uns auffer Parzelle.“ O Sodom, o Gomorra – und das pro Stück für nur einen Euro!

Nichts dagegen, wenn Kunden der BSAG ordnungsgemäß eine Fahrkarte lösen – diese aber auch noch dadurch zu demütigen, dass man ihnen eine Plakette mit der Dummsack-Parole „Ich bin Weißfahrer!“ an die Jacke heftet, ist eine Marketing-Idee von kaum zu überbietender Ignoranz: falls diese Kampagne nicht von den Straßenbahnern selbst gestrickt ist, prophezeie ich der dafür verantwortlichen Agentur den wohlverdienten Zusammenbruch, nachdem der geistige Offenbarungseid bereits geleistet wurde.

Wenn wir Norddeutschen Kartoffeln essen, dann essen wir „Linda“. Tiefgelb, festkochend und aromatisch kommt die Gottesgabe daher – und soll nun doch verschwinden, weil die bauernschlauen Strolche des Agrarkonzerns „Europlant“ verhindern wollen, dass die dolle Knolle nach Ablauf des 30-jährigen Sortenschutzes vom Landwirt selbst vermehrt wird ohne dass dafür eine Lizenzgebühr fällig wird.

Während Europlant auf „Eigentumsrechte“ pocht, blättern wir in der Heiligen Schrift und finden dieses Unternehmen nicht mit einem einzigen Wort erwähnt: offenbar ein gigantischer Betrug an Gottes Schöpfung. Jeder Kartoffelacker eine Bastion des Widerstands – fordert gemeinsam mit Alfred Biolek und anderen Hobbyköchen der Initiative „Rettet Linda“ auch

Ulrich „Reibekuchen“ Reineking