: Sehnsucht nach Frieden
Sie heißt Muka, sie ist Maksyms Katze. Er war fünf, als er sie bei der Flucht aus der Ukraine im Frühjahr 2022 zurücklassen musste. Inzwischen ist er sechs. Auch von seinem Vater, seiner Großmutter, seinen Freunden wurde er getrennt. Aber Muka zeichnet er, als er unbeobachtet ein Blatt Papier und Stifte findet. Der Ärger im Gesicht der Katze deutet an, wie er sich fühlt.
Weihnachten gilt als Fest der Familie und des Friedens. Dieses Jahr bleibt das, wofür Weihnachten steht, für viele auch in Europa ein Wunsch – da ist keine Familie mehr und kein Frieden. Deshalb widmen wir unsere Weihnachtsausgabe dieser Leerstelle.
Ukrainerinnen und Ukrainer, die im Land geblieben sind, haben uns in den vergangenen Monaten regelmäßig Auszüge aus ihren Tagebüchern zur Verfügung gestellt und uns so teilhaben lassen an ihrem Alltag im Krieg. Für diese Ausgabe haben wir drei von ihnen gefragt, was Frieden für sie bedeutet. Sie erzählen von friedlichen Momenten, von schönen Erinnerungen, aber auch von Bitterkeit.
Wie unsere AutorInnen werden viele Menschen in der Ukraine Weihnachten dieses Jahr anders begehen als sonst. Auch, weil die Feierlichkeiten in zahlreichen Gemeinden vorverlegt werden sollen, von Anfang Januar auf den 25. Dezember. Weihnachten verschieben – ein Mal mehr zeigt sich, was für eine Zäsur der russische Angriff ist.
Auch hierzulande. Bis zum 24. Februar war es für die meisten unvorstellbar, dass es in Europa wieder einen Angriffskrieg geben könnte. Für Friedensbewegte war dieses Jahr schmerzhaft, verunsichernd.
Die Sängerin Nicole wurde von der Friedensbewegung in den 80ern misstrauisch beäugt, dabei artikulierte sie einen Pazifismus, der bis ins konservative Lager reichte. 40 Jahre ist es her, dass sie mit „Ein bisschen Frieden“ bei der Eurovision gewann. Im Gespräch mit der taz erklärt sie, warum sie ihr Lied nun auf Russisch gesungen hat.
Nicht nur Maksym, auch andere Kinder und Jugendliche, die nach Deutschland geflüchtet sind, haben für diese Ausgabe gemalt oder ihre Gedanken aufgeschrieben. Sie wünschen sich und der Welt Frieden und fordern ihn ein. Gleichzeitig gibt es hierzulande die Erfahrung, dass Krieg in Friedenszeiten nicht aufhört. Der Zweite Weltkrieg hat Spuren hinterlassen, die uns bis heute prägen, auch daran erinnern wir.
Maksym vermisst seine Katze, aber er weiß, dass sich jemand um sie kümmert. Muka ist in der Ukraine bei seinem Vater. Den vermisst Maksym auch.
Waltraud Schwab, Antje Lang-Lendorff, Martin Reichert
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