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Es köchelt immer weiter

Die Berliner Band Spiritczualic Enhancement Center ist zu Hause auf internationalen Undergroundbühnen. Auf dem Live-Album „Transporting Salt“ gewähren die Musiker Einblick in ihre Jazz- und Krautrock-Soundküche

Von Andreas Hartmann

Das Berliner Ensemble Spiritczualic Enhancement Center lädt erneut zu einem Trip ein. Ihre Platte „Transporting Salt“ ist nicht neu, die Combo hat sie vor drei Jahren bereits einmal selbst und ohne Label herausgebracht, auf CD. Danach erschien sie noch einmal auf Kassette, womit sicherlich auch nicht unbedingt die Massen erreicht wurden. Nur echte Fans der Band dürften sie also bereits in der ein oder anderen Form besitzen. Doch jetzt erscheint sie endlich anständig, auf Doppelvinyl, wie es sich gehört und mit zig Bonus-Tracks, auf einem kleinen französischen Label.

Verloren an Faszination hat das Soundgebräu, das hier zu hören ist und das live auf einer Tour im März 2018 in Hamburg, Berlin, Wien, Prag eingespielt wurde, sowieso nicht. Der bekiffte Mix aus Jazz, Psychedelic und Krautrock bringt den Hörer immer noch zum Fliegen. Polyrhythmisches Getrommel, ein pumpender Bass und vor allem ganz viel spaciges Georgel und Synthesizer-Fiepen erinnern an die kosmische Musik aus den Siebzigern von Electric-Miles-Davis, Sun Ra bis hin zu Gong und anderen Weirdo-Kommunen aus dieser Zeit.

Die Nummern haben Titel wie „Dreaming of Miles Davis“ und „Sonnentanz“, womit die Referenzen an den großen Jazztrompeter und einen ordentlichen Hippie-Freakout zugleich klar benannt wären. Sie mäandern und daddeln so vor sich hin, und man denkt sich schon, jede einzelne von ihnen könnte jetzt unendlich lange weiter so vor sich hin köcheln. Aber nach wenigen Minuten ist dann doch jedes Mal Schluss. Nicolas Sheikholeslami, Drummer und Produzent des acht- bis vierzehnköpfigen Ensembles, setzt bei den Liveaufnahmen stets den Schnitt, bevor die Stücke Gefahr laufen, zu sehr auszufransen.

Die Basis des Spiritczualic Enhancement Centers ist ihr Studio in Neukölln. Aber eigentlich ist die Combo, deren Mitglieder von überall her aus der Welt kommen und die ständig wechseln, sowieso immer unterwegs und spielt auf irgendwelchen Festivals und deswegen viel zu selten in Berlin. Bei diesen Auftritten entstehen dann weitere Aufnahmen, die Sheikholeslami wieder editieren wird, damit auch diese von einem obskuren Label aus Frankreich oder sonstwoher veröffentlicht werden. Sie sind da ähnlich unterwegs wie Undergroundhelden der Marke Julian Cope oder Damo Suzuki, die zwar Kultstatus haben, aber auf ihren Tourneen nach einem Gig wahrscheinlich immer noch beim Konzertveranstalter auf dem Sofa pennen, weil sie die herkömmlichen Musikbusinessstrukturen lieber meiden.

Mit Suzuki, dem ehemaligen Sänger von Can, der sich bei seinen Konzerten immer vor Ort spontan mit lokalen Musikern zusammentut, sind sie sogar schon in Berlin aufgetreten. Auch diesen Konzertmitschnitt gibt es auf Platte. Und die Archive des Ensembles sind ja bereits ganz gut gefüllt. Wer sich auf dessen Homepage für den Newsletter registriert, bekommt jedes Mal, wenn die Band Neuigkeiten zu verkünden hat, ein Stück gratis mitgeschickt.

Spiritczualic Enhancement Center: „Transporting Salt“ (Besides Records)

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