Regierung lässt Klimalücke beim Verkehr

Eckpunkte für ein Klimaschutz-Sofortprogramm der Ampel-Koalition reichen nicht

Von Susanne Schwarz

Beim Verkehr klafft eine riesige Klimaschutzlücke: Die Ampel-Parteien schaffen es nicht, sich auf Maßnahmen zu einigen, mit denen das deutsche Verkehrswesen die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen für Treibhausgas-Emissionen auch nur annähernd einhält. Davon zeugen die Eckpunkte für ein Klimaschutz-Sofortprogramm bis 2030, das das Bundeskabinett im November beschließen will und das der taz vorliegt. Am Montag ist das Papier in die sogenannte Ressortabstimmung gegangen, wie aus Kreisen von Robert Habecks (Grüne) Wirtschafts- und Klimaministerium zu hören war. Das heißt: Das federführende Ministerium hat offiziell eine Vorlage an den Rest der Bundesregierung geschickt. Das bedeutet aber nicht, dass die anderen Ministerien bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht einbezogen wurden. Gerade wenn ihr Themenschwerpunkt auch stark betroffen ist, wird in der Regel schon vorab eng zusammengearbeitet – oder eben zäh verhandelt und gestritten.

Beim Klimaschutz im Verkehrswesen ist wohl Letzteres der Fall. Und so verkleinern die Maßnahmen, die das neue Eckpunktepapier enthält, die bisherige Klimaschutzlücke im schlimmsten Fall nicht einmal um die Hälfte. Bislang war zu erwarten, dass das Verkehrswesen in diesem Jahrzehnt 271 Millionen Tonnen Kohlendioxid mehr verursacht, als es laut Bundesklimaschutzgesetz zulässig ist. Mit den zusätzlichen Schritten bleibe es bei 118 bis 175 Millionen Tonnen zu viel bis 2030, heißt es jetzt.

Die Streitpunkte dürften die altbekannten sein. Die Grundformel beim Klimaschutz im Verkehrswesen lautet schließlich: weniger Auto fahren, mehr laufen, radeln, Bus und Bahn fahren. Bekanntermaßen lehnt es die FDP, zu der auch der Verkehrsminister Volker Wissing gehört, regelmäßig ab, dem Autofahren die größeren oder kleineren Privilegien zu entziehen, die es in Deutschland genießt. Zu den immer wieder diskutierten Ideen zählen zum Beispiel ein Tempolimit oder die Abschaffung von Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg.

Die Eckpunkte enthalten nun Förderungen für den Antriebswechsel bei Autos und Lastwagen, also den Abschied von fossil betriebenen Motoren hin vor allem zur Elektromobilität. Außerdem ist eine gewisse Stärkung des öffentlichen Verkehrs vorgesehen, etwa das bereits beschlossene 49-Euro-Ticket. Im kommenden Frühjahr wolle man weitere Maßnahmen nachreichen, hieß es aus Kreisen des Wirtschaftsministeriums. Dafür sei „ein verbindlicher Zeitplan“ vorgesehen.

Das Klimaschutz-Sofortprogramm soll Deutschland in die Lage versetzen, sein eigenes Klimaschutzgesetz einzuhalten – insbesondere das Ziel, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 65 Prozent zu senken. Dazu sind für jeden Wirtschaftssektor und jedes einzelne Jahr Emissionsmengen in dem Gesetz festgehalten, die nicht überschritten werden dürfen. Werden sie es doch, müssen die zuständigen Ministerien Sofortprogramme vorlegen, um den Missstand zu korrigieren. Hilft auch das nicht, stößt das Klimaschutzgesetz an seine Grenzen: Dann ist im nächsten Jahr eben wieder ein Sofortprogramm fällig – ohne weitere Folgen für das verantwortliche Ministerium. Besonders problematisch sind dabei regelmäßig das Verkehrswesen sowie die Gebäude – diese vor allem wegen der nötigen Heizenergie. In diesem Sektor werde die Klimaschutzlücke bis 2030 geschlossen, ist dem Eckpunktepapier zu entnehmen. Dazu soll etwa der Plan beitragen, dass ab dem Jahr 2024 nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.