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„Das ist Schmierenjournalismus!“

Mit seinen provozierenden Postkarten hat er einmal Politik im Sinne der SPD gemacht, Propaganda gegen die Konservativen. Im taz-Gespräch erklärt der Grafiker Klaus Staeck, warum er sich diesmal vor keinen Wahlkampfkarren spannen lassen mag

INTERVIEW ARNO FRANK

taz: Herr Staeck, dem aktuellen „Spiegel“ entnehmen wir, dass Sie an der Seite von Martin Walser, Christa Wolf, Günter Grass, Manfred Bissinger und anderen Wahlkampf für die SPD machen würden …

Klaus Staeck: Ich bin nie gefragt worden, von niemandem. Ich weiß weder von einem Termin noch bin ich je eingeladen worden, weder schriftlich noch mündlich.

Ein Missverständnis?

Die Art und Weise, wie die Medien derzeit ihr Geschäft verrichten, ist ein Skandal. Da werden Namen von Personen genannt, die bereits erklärt haben, sie würden sich nicht am Wahlkampf beteiligen.

Warum?

Um damit deren Dementis zu provozieren, natürlich. DPA meldet dann: „Wolf und Bissinger helfen Schröder nicht.“ Aber der Herr Bissinger, beispielsweise, hat mir persönlich gesagt, er werde selbstverständlich Wahlkampf machen. Das ist für mich Schmierenjournalismus allerschlimmster Güte, wie ich ihn vom Spiegel nie erwartet hätte, von der Bild-Zeitung schon.

Diese Medien agieren ja ohnehin im Verbund …

… um Schlagworte wie „Globalisierung“, „Liberalisierung“, „schlanker Staat“ und so weiter in die Köpfe der Menschen – man muss fast schon sagen: zu prügeln, bis man nichts anderes mehr hört. Und wer trotzdem eine andere Meinung vertritt, der wird nicht mehr angehört. Und dann heißt es zum Schluss: „Die Intellektuellen schweigen!“

Wem nützt das?

Jedenfalls der neoliberalen Wirtschaftsideologie, die in Deutschland gerade ihren Siegeszug fortsetzt. Den Vertretern dieser Ideologie ist es letztlich auch egal, ob SPD oder CDU an der Macht sind. Sie werden an die nächste Regierung genau die gleichen Forderungen stellen wie bisher an die Regierung Schröder: noch mehr Deregulierung, noch mehr Flexibilisierung, noch mehr Privatisierung. Der Sozialstaat, wie wir ihn kennen, wird immer häufiger als Wachstumsbremse denunziert und damit zum Abschuss freigegeben.

Lohnt es sich denn nicht, dagegen zu kämpfen?

Selbstverständlich. Mich und andere spornen all die Desinformationskampagnen an, die da jetzt laufen. Dass sich aber der Staat seiner eigenen Grundlagen beraubt – etwa die Gewährleistung einer Infrastruktur, der Sicherheit –, das ist ein Akt der Dummheit. Ein Staat, der vor lauter Privatisierung nicht mehr in der Lage ist, seine Straßen zu pflegen, seine Schulen einzurichten oder die Polizei auszurüsten, der erledigt sich selbst, den braucht niemand.

Umso stärker wird an die Verantwortung der Unternehmer appelliert.

Früher hieß es, Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt – aber die können nicht einmal mehr genug Ausbildungsplätze bereitstellen, um ihre Reproduktion zu gewährleisten.

Aber warum wollen Sie nicht mehr „in der Arena mitkämpfen“, wie Sie es mal ausgedrückt haben?

Ich engagiere mich durchaus, ich kann mich momentan sogar vor Anfragen zum Wahlkampf kaum retten.

Aber Ihre politisch motivierte Plakat-Kunst hat auch nicht mehr den Schwung, mit dem sie in den Siebzigerjahren noch polarisierte.

Es gibt immer noch bestimmte traditionelle Medien, die nicht obsolet geworden sind, sonst würde die Werbung völlig auf Plakate verzichten, das Gegenteil ist der Fall. Vor allem aber gibt es immer noch Menschen, die wollen noch mit Menschen zu tun haben, anstatt sich von Kampagnen berieseln zu lassen – von Agenturen, die für jedes beliebige Thema oder Produkt buchen lassen. So was spüren die Leute und suchen etwas Authentisches.

Wie Klaus Staeck?

Was manche an mir altmodisch finden, das finden andere authentisch.

Womit Sie das derzeitige Grundproblem der Sozialdemokratie formuliert hätten.

Das ist doch keine Schande! Sozialdemokraten haben dafür gesorgt, dass wir uns nicht am Irakkrieg beteiligt haben, wider internationalen Druck! Oder all die anderen Projekte, die angeschoben worden sind, etwa die erneuerbaren Energien – davon hat doch auch Ihr Blatt profitiert! Wenn ich die taz lese, frage ich manchmal schon: Wissen die noch, für welches Milieu sie schreiben?

Würden Sie sich denn notfalls auch für das neue Linksbündnis aus WASG und PDS engagieren?

Auf keinen Fall. Ich habe keine Sekunde darüber nachgedacht, weil ich nicht bereit bin, meine historischen Erfahrungen zu leugnen. Was ich den WASG-Leuten vorwerfe, ist, dass sie nicht wissen, dass sie natürlich von der PDS geschluckt werden. Selbst wenn das Bündnis bis zum Wahltag hält, dann werden sie hinterher von der PDS geschluckt. Im Schlucken sind die einfach besser.

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